Solarstrom: So gelangt er ins Netz

Die Photovoltaik (PV) zählt zu den wichtigsten Technologien der Energiewende. Damit der erzeugte Solarstrom zu uns gelangen kann, müssen Anschlussbedingungen erfüllt werden. Ein Fall für den zuständigen Netzbetreiber. (Foto: naturenergie netze)
Die Photovoltaik (PV) zählt zu den wichtigsten Technologien der Energiewende. Damit der erzeugte Solarstrom zu uns gelangen kann, müssen Anschlussbedingungen erfüllt werden. Ein Fall für den zuständigen Netzbetreiber. (Foto: naturenergie netze)

Wenn Solarenergie in Form von Sonnenstrahlen bei uns auf der Erde eintrifft, hat sie eine weite Reise hinter sich. Dagegen ist die letzte Etappe von ihrer Umwandlung in Elektrizität bis in unsere Steckdosen hinein vergleichsweise überschaubar. Aber keineswegs trivial: Damit Solarstrom Anschluss im deutschen Stromnetz findet, sind Netzbetreiber ganz schön gefragt.

Von Patrick Torma

Ist in Deutschland von Solarstrom die Rede, dann ist meist eine Erzeugungsart gemeint: die Photovoltaik (PV). Sie gehört zu den Schlüsseltechnologien der deutschen Energie- und Klimapolitik. Im sonnenverwöhnten Baden-Württemberg steuert die PV bereits den größten Anteil der erneuerbaren Energien im Strom-Mix bei. Herzstück einer PV-Anlage ist die Solarzelle, die stets „im Rudel“ – sprich: in Form zusammengeschalteter Module – auftritt. In ihrem Innern wird Sonnenlicht in Gleichstrom umgewandelt, der wiederum über einen Wechselrichter zum „Schunkeln“ gebracht wird: Ins Netz eingespeist wird schließlich Wechselstrom.

An dieser Stelle kommt der zuständige Netzbetreiber ins Spiel. Er ist nach Paragraph 8 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) verpflichtet, „Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien […] unverzüglich vorrangig […] an ihr Netz an[zu]schließen“. „Unverzüglich“ meint: so schnell wie es dem Netzbetreiber „ohne schuldhaftes Zögern“ möglich ist.

PV-Anlagen: Am Anfang steht der „Antrag auf Netzanschluss“

Damit er in der Lage ist zu handeln, sollte ein „Antrag auf Netzanschluss“ bei ihm eingehen. Diesen zu stellen, ist Pflicht des künftigen Anlagenbetreibers. Warum dieser Antrag erforderlich ist, hat einen wichtigen Grund. Salopp gesagt: Bevor der Netzbetreiber „guten Gewissens“ eine neue PV-Anlage an sein Netz anschließen kann, muss dieser sich sicher sein, dass die Infrastruktur vor Ort zusätzliche Lasten „verkraftet“. Andernfalls kommt es zu Überlastungen im Netz und damit zu Stromausfällen. Weswegen diese Anmeldepflicht übrigens nicht nur für PV-, sondern für sämtliche Erzeugungs- bzw. Einspeiseanlagen gilt.

Wir bleiben jedoch bei der Solarenergie und gehen für diesen Beitrag von einem klassischen Szenario aus: Eine Eigentümerin oder ein Eigentümer plant, eine PV-Anlage auf dem Dach ihres bzw. seines Einfamilienhauses zu installieren. Hierbei handelt es sich um eine Eigenverbrauchsanlage. Heißt: Der erzeugte Strom wird primär in den eigenen vier Wänden verbraucht. Erst wenn die Stromproduktion den Eigenbedarf übersteigt, kann der überschüssige Solarstrom ins öffentliche Stromnetz eingespeist und vergütet werden.

Die Anmeldung ist bei naturenergie netze online möglich

Voraussetzung ist, wie gesagt, dass die Anlage beim zuständigen Netzbetreiber angemeldet wird. Um die Prozedur des Anschlusses zu erleichtern und den Ausbau von Photovoltaik weiter zu beschleunigen, hat der Bund mit dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz 2023 beschlossen, dass Netzbetreiber eine Online-Anmeldung ermöglichen müssen – spätestens ab dem 1. Januar 2025. Im Gebiet von naturenergie netze ist dies schon heute möglich.

Der südbadische Verteilnetzbetreiber hat ein Netzanschlussportal eingerichtet. Hierüber können Anlagen in wenigen Schritten angemeldet werden. Wem allein beim bloßen Gedanken an Formsachen, seien sie noch so digital, bange wird, kann beruhigt sein. Bei der Anmeldung ist ganz bestimmt der eingetragene Elektroinstallateur behilflich, der für die Montage beauftragt ist und letztlich auch bestätigt, dass die Anlage ordnungsgemäß installiert wurde.

Ob Eigenverbrauchsanlage auf dem Dach oder kommerzielle Freiflächenanlage, wie hier im südbadischen Bräunlingen-Döggingen: Bevor eine PV-Anlage ans Netz gehen kann, muss der Netzbetreiber prüfen, ob die Kapazitäten ausreichen. Gegebenenfalls muss er das örtliche Stromnetz verstärken. (Foto: naturenergie netze)
Ob Eigenverbrauchsanlage auf dem Dach oder kommerzielle Freiflächenanlage: Bevor eine PV-Anlage ans Netz gehen kann, muss der Netzbetreiber prüfen, ob die Kapazitäten ausreichen. Gegebenenfalls muss er das örtliche Stromnetz verstärken. (Foto: naturenergie netze)

Warum eine netztechnische Prüfung wichtige Voraussetzung ist

Auf der anderen Seite des Netzanschlussportals „wartet“ Thorsten Schäfer. Sein Team und er sind bei naturenergie netze für die Einspeisebetreuung zuständig. „Wir prüfen anhand der eingereichten Unterlagen, ob die Anlage die gesetzlichen und messtechnischen Vorgaben erfüllt“, erklärt Schäfer. „Ist dies der Fall und die Installation abgeschlossen, werden die Daten an unsere Abrechnung weitergegeben, damit der Anlagenbetreiber später den Strom, den er ins Netz einspeist, auch gutgeschrieben bzw. vergütet bekommt“.

Die Leistungsdaten bilden die Grundlage für die netztechnische Prüfung, die eben klären soll, ob das Stromnetz in seinem gegenwärtigen Zustand den Leistungszuwachs durch die gemeldete PV-Anlage „verpackt“. Davon bekommen die Antragssteller meist nichts mit. „Wenn Sie eine industrielle Anlage ans Netz nehmen möchten, ist es durchaus möglich, dass sich Mitarbeiter von uns die technischen Gegebenheiten vor Ort anschauen. Wenn Sie aber eine ‚normale‘ Erzeugungsanlage auf dem Dach Ihres Einfamilienhauses installieren, bekommen Sie in der Regel keinen Besuch von uns “, klärt Thorsten Schäfer auf.

Solarstrom ist eine saubere Sache, aber auch eine Herausforderung

Auch, weil eine einzelne Anlage auf dem Dach lastentechnisch womöglich kaum einen Unterschied macht. „Gerade im städtischen Raum ist das Stromnetz häufig robust genug“, spricht Thorsten Schäfer aus Erfahrung, ohne daraus ein pauschales Urteil abzuleiten.  Denn: Die Zahl der Menschen, die auf Solarstrom setzen, wächst. Stand Ende 2023 leisteten 3,7 Millionen PV-Anlagen in Deutschland einen Beitrag zu einer klimaneutralen Stromerzeugung. Berücksichtigt man noch immer stärker nachgefragte Wärmepumpen oder auch Ladesäulen für E-Automobile, die über kurz oder lang ans Netz gehen (sollen), kommt schnell einiges an zusätzlicher Last zusammen.

Ab sofort: Erleichterte Anmeldung für Balkonanlagen

Für immer mehr Menschen beginnt die Energiewende auf dem heimischen Balkon. Steckerfertige Balkonanlagen gibt es im Baumarkt, werden an die Steckdose angeschlossen und sind nicht zuletzt für Mieter interessant. Früher durchliefen die so genannten Balkonkraftwerke dasselbe Anmeldeverfahren wie ihre „großen Vorbilder“, netztechnische Prüfung inklusive. Im vergangenen Herbst führte naturenergie netze in seinem Verteilnetzgebiet die erleichterte Anmeldung ein.

Fortan müssen steckerfertige Balkonanlagen nur noch im Marktstammdatenregister (kurz: MaStR) der Bundesnetzagentur eingetragen werden (wie sämtliche Erzeugungsanlagen in den Strom- und Gasnetzen). Damit hat der Netzbetreiber dem jüngst von der Bundesregierung verabschiedeten Solarpaket I vorausgegriffen, das die Inbetriebnahme dieser Anlagen erleichtert. So dürfen Balkonanlagen übergangsweise auch ohne digitale Stromzähler, mit einem analogen Ferraris-Zähler im Keller, betrieben werden.

Daher kann das Ergebnis einer netztechnischen Prüfung sein, dass eine geplante Anlage das lokale Netz an seine Belastungsgrenzen bringt. Das heißt allerdings nicht, dass der Antragsteller seinen Wunsch nach einer sauberen, autarkeren Stromversorgung zurückstellen muss. Im Gegenteil: Nach EEG bleibt der Netzbetreiber nach wie vor verpflichtet, die Anlage anzuschließen. „Im Zweifel muss er das Stromnetz optimieren, verstärken oder gar ausbauen“, weiß Thorsten Schäfer.

Bei Bedarf ertüchtigt der Netzbetreiber das Stromnetz

Was das genau heißt? Das lässt sich nur von Fall zu Fall sagen. „Im Prinzip kann das alles Mögliche sein. Es kann sein, dass es reicht, den Trafo in der Ortsnetzstation zu tauschen oder eine Leitung dazuzuschalten. In Ausnahmefällen muss man die Straße öffnen und eine neue Leitung legen“, nennt der Einspeisebetreuer Beispiele.

Im Fachjargon spricht man von der Netzertüchtigung. Allerdings: Netzbetreiber wie naturenergie netze ertüchtigen ihr Netz stetig, und nicht erst, wenn der Anschluss einer neuen Einspeiseanlage dies erfordert. Den Herausforderungen der Energiewende entsprechend treiben sie die Transformation des Stromnetzes aktiv voran. Hintergrund ist: Schon jetzt wird ein erheblicher Anteil der Elektrizität dezentral, in den Verteilnetzen, erzeugt. Zur wachsenden Anzahl der Eigenverbrauchsanlagen gesellen sich kommerzielle Photovoltaik-Anlagen (wie etwa jüngst in Döggingen), aber auch Windparks, die nochmal andere Anschlussbedingungen stellen – und Netzbetreiber noch stärker in die Pflicht nehmen, Netzengpässen vorzubeugen (Stichwort: Redispatch 2.0)

Ob Trafo-Tausch in der kleinen Ortsnetzstation oder im großen Umspannwerk, ob Aufrüstung von Leitungen oder allgemeiner Ausbau der Kapazitäten: naturenergie netze investiert auf allen Ebenen der Netzinfrastruktur. Außerdem setzt der Netzbetreiber u.a. auf digitale Messtechnik, die hilft, künftige Stromverbräuche zu prognostizieren. Daten, die die Grundlage für ein smartes Einspeise- und Lastenmanagement bilden.

Weitere Informationen finden Sie auf der Themenseite von naturenergie netze: So geht’s für Sie „ins Netz

Über den Autor: Patrick Torma

(Foto: CAMILLO WIZ PHOTOGRAPHY, Camillo Lemke)
(Foto: CAMILLO WIZ PHOTOGRAPHY, Camillo Lemke)

Als freier Journalist und Texter spürt Patrick Torma spannenden Geschichten nach – und bringt sie für Leser auf den Punkt. Zu seinen Auftraggebern zählen Medien und Redaktionsbüros, aber auch Unternehmen, die ihrer Zielgruppe einen Mehrwert bieten. Technische und historische Themen begeistern ihn besonders. Da trifft es sich gut, dass die (Strom-)Netzgeschichten im naturenergie netze Blog beides vereinen.

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