Die Zeiten, in denen die Energie ausschließlich über Freileitungen in ein Gebäude kam, sind fast vorbei. Heute fließt der Strom durch Erdkabel in die Haushalte. Trafostationen und Kabelverteilerkästen sorgen für eine bedarfsgerechte Verteilung. Doch wer sorgt dafür, dass all diese Netzausbau-Maßnahmen umgesetzt werden? Wer plant, koordiniert und kontrolliert? Einer von ihnen ist Jürgen Birkenberger, Baukoordinator bei naturenergie netze. Im Interview beschreibt er die Vielfalt seiner Aufgaben und gibt Einblicke in seinen Berufsalltag.
von Charis Stank
Als Jürgen Birkenberger 2016 eine Stelle bei naturenergie netze (damals noch ED Netze) antrat, kannte er den Arbeitsalltag eines kleinen Ingenieurbüros. Und er hatte bei einem Tochterunternehmen des Energieversorgers erste Erfahrungen im Bereich Planung, Bau und Vermessung gesammelt. Wertvolle Grundlagen für seine heutige Position als stellvertretender Teamleiter der Baukoordinatoren.
In seinem Team arbeiten zwölf Kollegen. Die Arbeit ist abwechslungsreich und anspruchsvoll und gerade deshalb besonders spannend. „Ich geh‘ gern arbeiten, mir macht die Arbeit Spaß“ sagt Jürgen Birkenberger. Und bestätigt lachend, dass er sich im Moment nichts anderes vorstellen könnte, schon gar keinen reinen Bürojob.
Herr Birkenberger, was sind Ihre Aufgaben bei naturenergie netze?
Planung und Baukoordination gehörten bei naturenergie netze bis vor zwei Jahren zu einem Bereich. Seit einem Jahr bin ich ausschließlich für die Baukoordination zuständig.
Ich betreue Kabeltiefbau- und Trafostationsbauarbeiten, koordiniere die Auftragsabwicklung und die Einweisung der Baufirmen. Ich prüfe die Abrechnungen und überwache die Kosten. Außerdem spielt die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften eine wichtige Rolle, zum Beispiel wenn eine Leitung durch ein Biotop geführt werden muss. Auch die Arbeitssicherheit gehört zu meinen Aufgaben.
Wie sieht Ihr Arbeitstag aus?
Drei bis vier Tage in der Woche bin ich im Außendienst unterwegs. Dafür fahre ich gegen 6.30 Uhr los, um um 7.30 Uhr beim ersten Termin zu sein. Das ist der sogenannte Baustellen-Jour-Fix, bei dem aktuelle Fragen geklärt werden.
Die restliche Zeit bin ich im Büro und erledige Verwaltungsaufgaben, mache Aufmaße und schreibe Verträge. Ich telefoniere mit Behörden, Gemeinden oder Eigentümern.
Meine Region im Hegau, zwischen Bodensee und Schwarzwald, ist stark vom Wetter geprägt. Im Winter gibt es viel Schnee und Minusgrade. Deshalb schließen wir die Baustellen Mitte Dezember und fangen im Februar wieder an.
Wie groß sind die von ihnen betreuten Projekte?
Sehr unterschiedlich. Von 1.000 bis 3 Millionen Euro. Manche Projekte sind Tagesbaustellen, andere dauern eineinhalb bis zwei Jahre.
Es gab einmal eine Quizsendung, in der die Kandidaten eine typische Handbewegung machen sollten. Was wäre ihre gewesen?
Im Prinzip gibt es zwei: Daumen nach oben: die Baustelle läuft gut. Daumen nach unten: Die Baustelle läuft schlecht. (Lacht)
Wie kooperieren Sie in Ihrem Team mit den anderen Baukoordinatoren?
Jeder Baukoordinator ist für sein Gebiet zuständig. Das Netzgebiet ist jedoch sehr groß, und um die Arbeit so optimal wie möglich zu gestalten, gibt es regelmäßige Teamsitzungen.
Dort wird zum Beispiel besprochen, wie man Baufirmen für weniger attraktive Gebiete genauso begeistern kann wie für Gebiete, in denen jeder gerne arbeiten möchte. Sei es, weil es sich gut bearbeiten lässt oder weil die Bezahlung attraktiver erscheint. Wir beraten uns und suchen nach Lösungen.
Die Treffen sind auch wichtig, damit wir uns in Urlaubszeiten vertreten können. Drei- bis viermal im Jahr treffen wir uns persönlich.
Gibt es Frauen, die diesen Beruf ausüben?
Bei uns leider nicht.
Wie wird man Baukoordinator? Wie sieht Ihr persönlicher Werdegang aus?
Ich habe eine technische Ausbildung, bin gelernter Vermessungstechniker. Nach meiner Lehre habe ich in einem Ingenieurbüro gearbeitet. Durch meine 28-jährige Berufserfahrung als Planer und Bauleiter habe ich Erfahrungen im Kanal-, Wasserleitungs- und Straßenbau.
Voraussetzung für den Beruf ist bestenfalls eine Qualifikation als Bauingenieur. Die meisten Kollegen haben eine elektrotechnische Ausbildung oder sind Straßenbauer oder Polier.
Erfahrung spielt also eine wichtige Rolle?
Ganz genau. Bei naturenergie netze ist es so, dass wir nach und nach in die Position hineingewachsen sind. Da wir auch mit elektrischen Komponenten zu tun haben, ist dieses Fachwissen von Vorteil. Insgesamt sind Grundkenntnisse aus allen Bereichen notwendig.
Welche Zusatzqualifikationen haben Sie für Ihren Beruf erworben?
Weiterbildungsseminare sind von existenzieller Bedeutung und werden von naturenergie netze unterstützt. Dabei geht es zum Beispiel um Straßenbeleuchtung, Kabeltiefbau, Kabelverlegetechniken und in letzter Zeit vermehrt um Aushubmaterial. Denn das muss aus Umweltgründen genau untersucht werden, bevor es wieder in den Boden kommt.
Auch auf diesem Gebiet habe ich mich qualifiziert, habe eine RAL-geprüfte Qualitätssicherung für Flüssigböden. Das bedeutet, dass man Böden, die von Natur aus schadstoffbelastet sind, aufbereiten und wiederverwenden darf.
Was ist Ihrer Meinung nach Ihr größtes Talent, Ihre wichtigste Qualifikation, um den Job gut zu machen?
Das Wichtigste ist Ehrlichkeit. Das wollen die Leute. Sie wollen es ehrlich wissen und keine Mauscheleien. Das verzeihen sie einem nie.
Außerdem sagt man den Schwarzwäldern gerne eine gewisse Zurückhaltung nach. Liebe Menschen, aber eher vorsichtig. Zu meinen großen Stärken zähle ich die Kommunikation. Ich weiß, wie die Leute hier ticken, und ich spreche ihre Sprache.
Sie sind viel im Netzgebiet unterwegs. Wie viele Kilometer legen Sie im Jahr zurück?
In Spitzenzeiten fahre ich 250 Kilometer am Tag. Im Jahr kommen bis zu 25.000 Kilometer zusammen. Man muss wissen, dass ich eines der größten Gebiete betreue. Wir haben auch kleinere.
Wie abhängig sind Sie vom Wetter?
Wir schauen immer ein bisschen auf das Wetter der nächsten drei Tage. Je nachdem, was zu tun ist, stellen wir die Baustelle notfalls für ein oder zwei Tage ein. Minusgrade sind für eine Baufirma kein Problem. Für die Kabel schon, denn die lassen sich dann nicht schadlos verlegen.
Das bedeutet, dass Sie in den Wintermonaten mehr im Büro sind?
Das ist richtig. Dann gibt es mehr administrative Aufgaben. Ich mache die Ausschreibungen für die großen Projekte, beauftrage die Baufirmen, rechne ab. In Spitzenzeiten betreue ich bis zu 15 Bautrupps, also 15 Baustellen.
Ein Tag im Büro oder eine Tour zu Kunden und Dienstleistern: Wenn Sie von heute an nur eine dieser Möglichkeiten hätten, welche würden Sie wählen und warum?
Ich würde Kunden oder Dienstleister besuchen. Man hat mit Menschen zu tun und das macht mir meistens Spaß. Kein Tag ist wie der andere.
Kurz und bündig: Aufgaben eines Baukoordinators bei naturenergie netze
- Baukoordination von Hausanschlüssen, Kabelprojekten, Trafostationen und anderen Dienstleistungen
- Besprechungen vor Ort mit Kunden und Dienstleistern
- Ausschreibung von Projekten in Zusammenarbeit mit dem Einkauf und Auftragsvergabe
- Bauvorbereitung und Koordination der Projekte bis zum Abschluss (Verhandlungen, Materialdisposition, Ausführungsunterlagen, Kostenüberwachung, Rechnungsfreigabe)
Voraussetzungen für den Beruf
- Weiterbildung zum Elektromeister oder Techniker oder Ausbildung zum Elektroniker mit mehrjähriger Erfahrung bei einem Netzbetreiber
- Gute EDV-Kenntnisse
- Freude am Umgang mit Kunden und Dienstleistern
- Führerschein Klasse B für Fahrten im Netzgebiet
Über die Autorin: Charis Stank
Die Journalistin Charis Stank sammelte redaktionelle Erfahrungen beim Hamburger Magazin Stern und arbeitet als Texterin in der Tourismus-Branche. In ihrem Online-Magazin Schönste Zeit entführt sie ihre Leserinnen und Leser seit über zehn Jahren an die schönsten Orte der Alpen. Am ED-Netze-Blog reizt sie die Vielfalt der Themen und die Möglichkeit, sich mit Dingen zu beschäftigen, über die sie im normalen Alltag kaum nachdenkt.
Hinterlasse jetzt einen Kommentar