3.000 intelligente Messsysteme (iMSys) wird naturenergie netze im laufenden Jahr noch installieren. Wer verpflichtend einen Smart Meter erhält, ist gesetzlich geregelt. Ab 1. Januar 2025 können auch Kunden, die nicht unter die Vorgaben fallen, ein Gerät anfordern. Wie naturenergie netze den flächendeckenden Einbau im Netzgebiet vorantreibt, darüber sprachen wir mit den Messtechnikern Marc Stocker und Michael Asal.
Von Patrick Torma
Marc Stocker und Michael Asal wirken gelöst. Kein Wunder, schließlich sind die Messtechniker bei naturenergie netze für den Smart Meter Rollout zuständig. Der kommt allmählich … nun ja … ins Rollen.
Seit 2020 ist Marc Stocker für den südbadischen Verteilnetzbetreiber im Einsatz. Im selben Jahr ertönte der offizielle Startschuss für den flächendeckenden Einbau von intelligenten Messsystemen – wie Smart Meter hierzulande auch genannt werden (siehe auch Infokasten). Um den Prozess zu beschleunigen, erklärte das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) in ihrer Allgemeinverfügung vom 30. Januar 2020 die technischen Voraussetzungen für gegeben und ordnete die sofortige Umsetzung durch die „grundzuständigen Messstellenbetreiber“ an. Die rechtliche Grundlage hierzu hatte der Gesetzgeber vier Jahre zuvor mit dem Messstellenbetriebsgesetz geschaffen.
Schlüsseltechnologie im Schwebezustand
Denn: Intelligente Messsysteme gelten als Wegbereiter eines zukunftssicheren, effizienteren und klimafreundlichen Stromnetzes. Doch gemessen an ihrer Bedeutung als Schlüsseltechnologie für die Energiewende verlief der Roll-out wenig zufriedenstellend. Die Gründe hierfür sind vielschichtig: offene Fragen auf Seiten der Messstellenbetreiber, fehlende Geräte der Hersteller, die sich zum Zeitpunkt der Erklärung noch in der Zertifizierung befanden, und deren Produktion durch Lieferengpässe infolge der Corona-Pandemie verzögert wurde, schließlich ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Nordrhein-Westfalen, das die Rechtsmäßigkeit der BSI-Verfügung infrage stellte – all das spielte eine Rolle.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sah sich veranlasst, den Prozess mit dem Gesetz zum Neustart zur Digitalisierung der Energiewende zu „rebooten“. Das Maßnahmenpaket hat unter anderem zum Ziel, Messstellenbetreibern den „schnellen“ und „unbürokratischen“ Einbau intelligenter Strommesssysteme zu ermöglichen. Nach der Verabschiedung durch den Bundestag trat es am 27. Mai 2023 in Kraft.
Ein gesetzlicher Neustart schafft Verbindlichkeit
Der Durchbruch? „Auf jeden Fall“, beurteilt Michael Asal das Ergebnis mit Blick auf die vergangenen Monate, in denen Bewegung in den Roll-out kam. „Vor dem Neustart befand sich der Rollout in einem Schwebezustand. Hersteller von Smart Meter bzw. Smart Meter Gateways, Softwareentwickler, alle Beteiligten wissen jetzt, woran sie sich halten können. Die Branche kann sich auf Normen verständigen. Und auch wir als Messstellenbetreiber, die verpflichtet sind, den Ausbau aktiv voranzutreiben, finden nun klare Vorgaben vor.“
Zu diesen Vorgaben gehört ein verbindlicher Zeitrahmen: Ab 2025 ist der Einbau von intelligenten Messsystemen verpflichtend für private Haushalte
- mit einem jährlichen Stromverbrauch von 6.000 bis 100.000 Kilowattstunden,
- die eine Photovoltaik-Anlage mit mehr als 7 Kilowatt betreiben
- oder eine steuerbare Verbrauchseinrichtung wie eine Wärmepumpe oder Wallbox/E-Ladestation
Schließlich erfolgt der Ausbau einer digitalen Strominfrastruktur mit Smart Metern auch, um die zusätzlichen Strommengen aus erneuerbaren Energien im dezentralen Stromnetz „aufzufangen“, schwankende Lasten auszugleichen, kurz: Erzeugung und Verbrauch aufeinander abzustimmen. Bis 2032 sollen alle Stromkonsumenten, die unter die genannten Kriterien fallen, mit intelligenten Messsystemen ausgestattet werden.
Mehr als ein digitaler Stromzähler
Die alten, analogen Ferraris-Stromzähler haben ausgedient. Bis 2032 werden sie durch digitale Stromzähler, im Fachjargon „moderne Messeinrichtungen“, ersetzt. Digital ist aber nicht gleich smart: Zu einem intelligenten Messsystem wird der Stromzähler erst durch eine Kommunikationsverbindung z.B. über ein Mobilfunknetz. Diese erfolgt über das Smart-Meter-Gateway.
Erste Einbauten: „Die Hardware funktioniert“
Für naturenergie netze bedeutet das: „In unserem Netzgebiet werden wir bis zum Jahr 2032 zirka 35.000 Zählpunkte mit intelligenten Messsystemen ausstatten“, so Marc Stocker. Ein Anfang ist gemacht. In der ersten Jahreshälfte 2024 habe man bereits 700 Smart Meter installiert. Die ersten Erfahrungen seien positiv, wenngleich der Messtechnik-Experte auf so manche technische Herausforderung verweist – etwa was die Erreichbarkeit der Kommunikationseinheiten, oder die Schnittstelle unterschiedlicher Technologien (Software, ERP, Hardware, Dienstleister, Lieferant etc.) betrifft.
„Momentan kommunizieren die Smart-Meter-Gateways rein über das Mobilfunknetz. Man darf nicht vergessen, dass das Signal bis in den Keller reichen muss, wo Stromzähler bevorzugt zu finden sind, meist noch umgeben von einem Zählerschrank aus Metall (Faradayscher Käfig), nennt Asal ein Beispiel. Hier komme es dann mitunter auf die optimale Positionierung der Antennen an. Aber: „Die Hardware funktioniert“, fasst er zusammen.
Bis Ende 2024 rechnen Marc Stocker und Michael Asal mit 3.000 abgeschlossenen Installationen im Netzgebiet von naturenergie netze. Um diese Stückzahl in die Fläche zu bringen, arbeiten sie mit Dienstleistern zusammen, die die Geräte vor Ort einbauen und in Betrieb nehmen.
Ab 2025 haben alle ein Recht auf Smart Meter
In den Planzahlen nicht enthalten sind Smart Meter, die auf Kundenwunsch verbaut werden. Denn auch wer nicht der Einbaupflicht unterliegt, hat künftig – sprich: ab 1. Januar 2025 – das Recht auf ein intelligentes Messsystem. Schon jetzt spüren Marc Stocker und Michael Asal, dass die Nachfrage steigt. „Wir registrieren aktuell etwa 10 Anfragen pro Woche. Das ist ein deutlicher Sprung. Das Thema scheint bei den Verbrauchern angekommen“, so Stocker. Eine Beobachtung, die sich im Übrigen mit aktuellen Zahlen einer Bitkom-Studie deckt. Demnach könnten sich 63 Prozent der Befragten vorstellen, einen Smart Meter zu nutzen, nicht zuletzt, weil das Bewusstsein für den eigenen Stromverbrauch gestiegen sei.
Smart Meter können dabei helfen, einen besseren Überblick über das Nutzerverhalten zu gewinnen und Einsparpotentiale zu entdecken. Wie viel Strom wurde an welchem Tag und zu welcher Tageszeit verbraucht? Intelligente Messsysteme protokollieren den Strombezug im 15-Minuten-Takt, wobei die Daten einmal täglich verschlüsselt an den Netzbetreiber übermittelt werden. Kunden im Netzgebiet von naturenergie netze können diese Werte voraussichtlich ab dem dritten Quartal 2024 über eine Online-Plattform abrufen.
Über die Plattform lassen sich zudem historische Verbräuche nachvollziehen – und zwar mehrere Jahre rückblickend, eine entsprechende Betriebszeit vorausgesetzt. „‚Hat sich mein Verhalten verändert? Lohnt es sich, die Kaffeemaschine regelmäßig auszuschalten? Gibt es versteckte ‚Stromfresser‘ in meinem Haushalt?‘. Als Konsument erhalte ich mehr Kontrolle über meinen Verbrauch“, veranschaulicht Michael Asal die Vorteile.
naturenergie netze kommt Anfragen bereits nach
Mit punktgenauen Verbrauchsdaten könnte sich in Zukunft das Prinzip der Abschlagszahlung erledigt haben. Schon jetzt werben Anbieter mit „smarten Tarifen“, für die intelligente Messsysteme die technische Voraussetzung sind. Das gilt insbesondere für dynamische Stromtarife, die sich nach dem aktuellen Beschaffungspreis zum Verbrauchszeitpunkt richten. Von denen soll es – auch dies ist gesetzlich im §41a des EnWG geregelt – ab 1. Januar 2025 mehr geben als bislang. Dann muss jeder Energieversorger mindestens einen dynamischen Tarif im Programm haben. Ein weiterer Anreiz für den Einsatz von Smart Metern.
Eines können die smarten Messgeräte allerdings nicht. Darauf hinzuweisen ist Marc Stocker und Michael Asal als Smart Meter Gateway Administratoren ein wichtiges Anliegen: „Entgegen anderslautender Berichte sind intelligente Messsysteme nicht in der Lage, Haushalte vom Stromnetz abzuschalten. Das Gerücht hält sich leider hartnäckig“, betont Michael Asal. Hier wird oft der §14a EnWG und das Smart Meter in einen Topf geworfen. Richtig ist hier, dass zukünftig Verbrauchsgeräte über 4,2KW (Wallbox, Wärmepumpe, Batteriespeicher) eine Schnittstelle haben müssen, welche durch den Netzbetreiber bei einer Überlastung des Stromnetzes gedrosselt werden dürfen. Dies funktioniert aber nicht über den Smart Meter, sondern über eine Steuerbox, mit der der Smart Meter ergänzt wird.
Davon abgesehen sind die Roll-out-Beauftragten zuversichtlich gestimmt. „Schon jetzt kommen wir den Anfragen nach“, freut sich auch Stocker. „Damit sind wir als Verteilnetzbetreiber in diesem Bereich schon recht weit.“
So erhalten Sie Ihren Smart Meter
Sie sind Stromkunde und erfüllen die Kriterien eines Pflichteinbaus?
In dem Fall müssen Sie nichts weiter unternehmen. naturenergie netze folgt einem Rollout-Plan und wird sich bei Ihnen melden, sobald Sie an der Reihe sind. Sie werden etwa drei Monate vor dem Einbau informiert.
Sie fallen nicht unter die Kriterien, wünschen aber dennoch einen Einbau?
Unter der E-Mail-Adresse datenverwaltung@naturenergie-netze.de können Sie schon jetzt Ihren Einbau-Wunsch hinterlegen. Sie erhalten dann ein Angebot. Ausnahme: Sollten Sie über ein Zweitarifmessgerät verfügen, ist ein Einbau aus technischen Gründen erst ab 2025 möglich.
Informationen „Schritt für Schritt“ finden Sie auf der Homepage von naturenergie netze.
Über den Autor: Patrick Torma
Als freier Journalist und Texter spürt Patrick Torma spannenden Geschichten nach – und bringt sie für Leser auf den Punkt. Zu seinen Auftraggebern zählen Medien und Redaktionsbüros, aber auch Unternehmen, die ihrer Zielgruppe einen Mehrwert bieten. Technische und historische Themen begeistern ihn besonders. Da trifft es sich gut, dass die (Strom-)Netzgeschichten im naturenergie netze Blog beides vereinen.
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