Der Energieversorger liefert dem Kunden, ob Großunternehmen oder Privathaushalt, den Strom. Doch warum muss man bei einem Stromausfall nicht diesen sondern den Netzbetreiber kontaktieren? Worin unterscheiden sich die beiden? Was haben sie trotzdem wie miteinander zu tun? Und warum werden sie so oft verwechselt? Ein Blick in die Energiepolitik und -entwicklung der letzten Jahre hilft, das Nebeneinander zu verstehen.
Von Redaktion
Soviel vorweg in Kürze: Ein Energieversorger liefert nur den Strom, der seinerseits aus erneuerbaren oder konventionellen Energien erzeugt wurde. Doch da Stromerzeugung und -verbrauch selten am gleichen Ort geschehen, braucht es einen Netzbetreiber. Dieser stellt die dafür notwendige Infrastruktur mit Masten, Freileitungen oder Erdkabeln sowie Ortsnetzstationen zur Verfügung: das Stromnetz, die Energie-Autobahn sozusagen. Da ein Stromausfall in der Regel jedoch kein Problem der Energieerzeugung ist, sondern eine Störung bei der „Auslieferung“, kann nur der zuständige Netzbetreiber im Fall der Fälle weiterhelfen.
Denn die Netzbetreiber sorgen für den Transport und die Verteilung des Stroms von den Kraftwerken (z. B. Wasser) bis zu den Verbrauchern. Dabei bedienen die Übertragungsnetzbetreiber die große Distanzen überbrückenden Strom-Trassen, während die jeweils zuständigen regionalen Verteilnetzbetreiber die Kunden versorgen, etwa ein Mehrfamilienhaus. Gebäudeeigentümer schließen mit letzteren dafür einmalig entsprechende Netzanschlussverträge ab.
Hier die Leitungen, da die Stromlieferung
Diese Trennung gab es nicht immer. Sie ist eine Folge der Liberalisierung des Strommarktes 1998, die eine wettbewerbsfähige und kostengünstige Stromversorgung zum Ziel hat. Früher waren Netzbetreiber und Energieversorger nämlich häufig identisch. Noch heute stellt man oft eine Namensverwandtschaft fest, die davon zeugt. So beispielsweise im Fall der ED Netze GmbH und Energiedienst AG – die unabhängig voneinander agieren.
Denn seit 2005 sind im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) hierzulande für alle sogenannten vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen, die zuvor von der Erzeugung über die Netze bis hin zur Kundenbetreuung alle Funktionen erfüllten, Entflechtungs-Maßnahmen vorgesehen. Sie umfassen rechtliche, operationelle, informatorische und buchhalterische Bereiche: „Die Regulierung der Elektrizitäts- und Gasversorgungsnetze dient den Zielen der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas und der Sicherung eines langfristig angelegten leistungsfähigen und zuverlässigen Betriebs von Energieversorgungsnetzen.“
Dafür wurde einerseits die sogenannte Strom-Wertschöpfungskette – vor 1998 bestand sie primär aus Erzeugung, Übertragung sowie Verteilung/Vertrieb – um den Handel als weitere Wertschöpfungsstufe ergänzt. Und andererseits für die Netzbereiche ein Unbundling vorgenommen. Gemeint ist die angesprochene Entflechtung eines Unternehmens durch die Umwandlung bestimmter Geschäftsfelder in eigenständige Firmen aufgrund entsprechender gesetzlicher und/oder regulierungsbehördlicher Vorgaben. Im Blick hat dies in Deutschland die Bundesnetzagentur.
Naturgemäß treten Netzbetreiber und Energieversorger jedoch immer im Doppelpack auf – wenn auch für viele Verbraucher erst auf den zweiten Blick.
Hauptpartner: Der Energierversorger
Denn die meisten haben nur Kontakt mit einem von beiden: dem Energieversorger, sprich Stromlieferanten. Den kann man seit der Liberalisierung des Strommarkts frei wählen. Das können etwa Stadtwerke sein oder ein regionales oder auch bundesweit auftretendes Unternehmen. Den Anbieter kann der Kunde unter Einhaltung der Kündigungsfristen beliebig häufig wechseln, etwa um Strom bei einem anderen Lieferanten günstiger zu beziehen. Beim gewählten Energieversorger, wie zum Beispiel der Energiedienst AG, zahlt der Kunde dann einen vertraglich abgeschlossenen Tarif.
Nicht wählen kann er hingegen „seinen“ Netzbetreiber, wie etwa die ED Netze GmbH, genauer gesagt: den örtlichen Verteilnetzbetreiber. Dieser betreibt das regionale Netz im Mittel- und Niederspannungsbereich und transportiert für den Energieversorger den Strom zum Kunden. Auch nach einem Stromanbieterwechsel bleibt er daher derselbe, an seinem Monopol „vor Ort“ ändert sich nichts.
Denn der Verteilnetzbetreiber hat die zeitlich begrenzte Konzession auf das Stromnetz am Wohnort des Kunden bzw. einer definierten Region. Dort ist er für die Infrastruktur und den Betrieb des Stromnetzes verantwortlich und dazu verpflichtet, alle darüber belieferten Stromkunden oder -einspeiser zu „transparenten, diskriminierungsfreien und angemessenen Bedingungen“ an sein Netz anzuschließen.
Neben den knapp 900 regionalen Verteilnetzbetreibern, wie etwa die ED Netze GmbH, gibt es in Deutschland vier überregionale Übertragungsnetzbetreiber (Amprion GmbH, Tennet TSO GmbH, 50Hertz Transmission GmbH und TransnetBW GmbH). Sie betreiben das Höchstspannungsnetz, das den Strom über weite Strecken von den großen Erzeugern vor allem zu den Ballungszentren transportiert. Mit diesen Übertragungsnetzbetreibern hat der Endkunde jedoch keine Berührungspunkte – und mit den Verteilnetzbetreibern nur indirekt, sofern er nicht Gebäudeeigentümer ist.
Indirekter Vertragspartner: Der Netzbetreiber
Denn den Kontakt zu „seinem“ Netzbetreiber nimmt man in der Regel nur auf, wenn man für eine Immobilie einen Netzanschlussvertrag abschließen, ändern oder abmelden möchten. Auch wer mit einer Strom erzeugenden Anlage (z. B. Photovoltaik) Strom ins Netz einspeisen will, wendet sich an den zuständigen Netzbetreiber. Bei ihm ist zudem richtig, wer eine Ladestation für sein Elektroauto oder eine Wärmepumpe installieren möchte.
Wer zuständig ist, lässt sich leicht rausfinden: Den Namen des Verteilnetzbetreibers findet man nicht nur auf der Stromrechnung – sondern auch auf seinem Stromzähler. Manchmal steht dort allerdings kein Name sondern nur ein 13-stelliger Code. Dieser wird vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW) für Stromnetzbetreiber und vom Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) für Gasnetzbetreiber vergeben.
Die Aufgaben der Verteilnetzbetreiber
Die Energiewende findet vor allem auf der Ebene der regionalen Verteilnetze statt. Die großen Einspeiser in das Übertragungsnetz wie beispielswiese Atom- und Kohlekraftwerke werden sukzessive abgeschaltet und durch zahlreiche dezentrale Erneuerbare-Energien-Anlagen ersetzt. Diese speisen direkt in die Verteilnetze ein, eine Herausforderung für die Betreiber. Überschüssiger Strom aus Erneuerbare-Energien-Anlagen wird wiederum über das Übertragungsnetz in andere Regionen mit Strombedarf transportiert.
Durch die Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) in Deutschland ist dabei die Anzahl an Maßnahmen zur Verbesserung des Stromnetzes durch die Verteilernetzbetreiber in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Allein im Jahr 2018 wurden laut Statista deutschlandweit 520 Maßnahmen zur Netzverstärkung umgesetzt, hinzu kamen jeweils in ähnlichem Umfang Maßnahmen zur Netzoptimierung und zum Netzausbau.
Der Unterhalt des deutschlandweit rund 1,85 Millionen Kilometer langen Stromnetzes ist daher sehr kostenintensiv. Stromleitungen und Trafostationen etwa müssen regelmäßig modernisiert und kontinuierlich gewartet werden. Hinzu kommen, gerade bei den Übertragungsnetzbetreibern, die Aufgaben Frequenzregelung und Spannungshaltung – inklusive der Beschaffung notwendiger Regelenergie, die dem Ausgleich unvorhergesehener Schwankungen von Stromerzeugung und -verbrauch dient (z. B. sind erneuerbare Energien aus Solar- und Windkraftanlagen teils schwer planbar).
Der Netzbetreiber erhebt für seine Durchleitungsleistung, also den Strom-Transport, Netznutzungsgebühren, die zunächst der Energieversorger zahlt. Für seine Kunden sind sie dann im vereinbarten Strompreis bereits einkalkuliert. Stromkunden erhalten also in der Regel keine gesonderte Rechnung über diese Netznutzungsentgelte. Aber: Der Netzbetreiber meldet sich in den meiste Fällen einmal pro Jahr, wenn der Stromzähler abgelesen werden muss, da er zugleich meist auch als Messstellenbetreiber tätig ist. Zumindest war dem bis 2016 flächendeckend so. Und ist im Keller noch immer ein analoger Zähler installiert, ist auch weiterhin der Netzbetreiber für diesen zuständig.
Noch ein Partner: Der Messstellenbetreiber
Bei Kunden mit einem digitalen Stromzähler, also einer modernen Messeinrichtung oder einem intelligenten Messsystem (Stichwort Smart Meter), erledigt dies seither der sogenannte grundzuständige Messstellenbetreiber. In dem Fall ist er zuständig für Einbau, Betrieb, Ablesung und Wartung des Stromzählers sowie für die Verbrauchsmessung. Häufig ist dieser jedoch identisch mit dem örtlichen Netzbetreiber, da dieser in fast allen regionalen Netzgebieten die Aufgaben des grundzuständigen Messstellenbetreibers übernommen haben. Dann läuft die Abrechnung gleich mit über die Stromabrechnung.
Grundsätzlich kann man aber auch am freien Markt einen Dritten als Messstellenbetreiber beauftragen, dann muss der Stromlieferant den betreffenden Betrag heraus rechnen. Wechseln konnte bislang auch, wer „nur“ Mieter war – da dieser der Anschlussnutzer ist. Ab 2021 wird sich das ändern: Dann liegt die etwaige Wahl rein beim Vermieter, der dann Anschlussnehmer und -nutzer zugleich ist. Wer im Eigenheim wohnt, kann problemlos wechseln. Der Markt allerdings ist derzeit überschaubar. Doch während der grundzuständige Messstellenbetreiber an gesetzliche Preisobergrenzen gebunden ist, sind die Preise am freien Markt verhandelbar.
Im Wesentlichen bestimmen drei Bestandteile den Strompreis der Haushaltskunden:
- Steuern, Abgaben und Umlagen
- Netzentgelte
- Stromeinkauf und Vertrieb
Mit 52,42 Prozent hatten die staatlich festgelegten Steuern, Abgaben und Umlagen Stand 2020 den größten Anteil an der Stromrechnung: 22,5 Prozent trugen die Umsatz- und Stromsteuer bei, gefolgt von der Umlage nach dem Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG-Umlage) mit 21,5 Prozent und den Konzessionsabgaben mit 5,3 Prozent. Weiterhin enthalten sind in diesem Posten die Umlage nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz KWKG (0,7 %), die Umlage nach § 19 der Strom- Netzentgeltverordnung (1,1 %), die Offshore-Netzumlage (1,3 %) sowie die Umlage für abschaltbare Lasten (0,02 %, jeweils Stand 2020).
Bei 25,14 Prozent lagen 2020 die gesetzlich regulierten Netzentgelte, mit denen die Stromnetze betrieben und ausgebaut werden. Enthalten sind in den Netzentgelten auch die Gebühren für den Zähler (Betrieb, Wartung, Messung).
Die Kosten für den Stromeinkauf und Vertrieb beliefen sich zeitgleich auf 22,44 Prozent. Der Einkaufspreis für den Strom wird dabei vom Markt und der Börse bestimmt.
Der Teilbetrag Netznutzungsentgelte
In Deutschland regelt die Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) seit 2005 die Entgelte für den Zugang zu Elektrizitätsversorgungsnetzen. Dabei legt der Staat aufgrund von Kostenberechnungen Erlösobergrenzen fest. Der Netzbetreiber bildet daraus das Netzentgelt. Jedoch darf er durch die Summe seiner Netzentgelte nicht mehr verdienen, als ihm von der Behörde als Gesamterlös vorgegeben wurde. Außerdem müssen die Netzbetreiber für die Entgeltbildung ihre Gesamterlöse verursachungsgerecht auf alle von ihnen betriebenen Netzebenen und -funktionen umlegen.
Dabei sind die anteiligen Kosten pro Verbraucher für die regionalen Verteilungsnetze deutlich höher als diejenigen für die Fernübertragungsnetze – die „letzte Meile“ ist die teuerste. Dessen Höhe variiert je nach Region und Verteilnetzbetreiber, da sie abhängig ist von mehreren Faktoren – angefangen von Alter und Ausbau(stand) des Netzes bis hin zu seiner Auslastung und der Nutzungsfrequenz.
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