Ausbildung mit Praxisbezug: Wie Azubis ein Umspannwerk „tunen“

Projektleiter Marcel Dold lässt sich (nicht nur) über die Schulter schauen. Bei der Optimierung des Energiemonitoring freute er sich sehr über die tatkräftige Unterstützung der Auszubildenden. (Foto: naturenergie netze)
Projektleiter Marcel Dold lässt sich (nicht nur) über die Schulter schauen. Bei der Optimierung des Energiemonitoring freute er sich sehr über die tatkräftige Unterstützung der Auszubildenden. (Foto: naturenergie netze)

Früh übt sich: Die Ausbildung bei naturenergie netze zeichnet sich durch einen hohen Praxisbezug aus. Jüngst haben angehende Elektroniker ein „echtes Problem“ für den Netzbetreiber gelöst: So optimierten sie das Energiemonitoring im Umspannwerk in Obereschach.

Von Patrick Torma

„Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ – dieser altbackene Spruch mag Berufsanfängern abgedroschen vorkommen. Klar: Wer einen Beruf erlernt, fängt in der Regel klein an – bei den Basics nämlich. Das bedeutet aber keineswegs, dass die Ausbildung bloß aus grauer Theorie oder gar eintönigen Aufgaben bestehen muss.

„Wir legen großen Wert darauf, dass unsere Azubis praxisnah arbeiten“, betont Andreas Waldner ohne viel Aufhebens. Er selbst kennt es nicht anders. Waldner hat einst ebenfalls bei naturenergie netze gelernt. „Meine Ausbildung zum Energieelektroniker mit der Fachrichtung Anlagentechnik liegt zwar einige Jährchen zurück, war jedoch schon damals sehr praxisorientiert“. Alles andere wäre, wie er durchblicken lässt, äußerst fahrlässig. „Gerade in der Elektrotechnik sollten junge Menschen auf das vorbereitet werden, was sie später tatsächlich erwartet.“ Dazu gehört zweifellos der sichere Umgang mit Strom, aber auch die faszinierende Brandbreite, die das Berufsbild bietet.

Die Mischung macht’s: zwischen Lehrwerkstatt und Außeneinsatz

Heute gibt Andreas Waldner die Begeisterung für „seinen“ Beruf an den Nachwuchs weiter. Als technischer Ausbildungsleiter am Standort Donaueschingen bildet er für naturenergie netze angehende Elektroniker für Betriebstechnik aus. Dort sind es aktuell zehn Auszubildende, die sich in der betriebseigenen Lehrwerkstatt die richtigen Handgriffe und das erforderliche Know-how aneignen. Das Lernen in geschützter Umgebung fördert sowohl die eigene Selbstsicherheit als auch den Zusammenhalt untereinander. Denn: „Vieles lässt sich nur im Team lösen. Die Fragestellungen, mit denen sich unsere Azubis im Berufsleben beschäftigen werden, sind zwar spannend, allerdings auch breit gefächert. Einer allein kann das alles gar nicht überblicken“, weiß Andreas Waldner.

Damit die naturenergie-netze-Azubis nach Abschluss ihrer Ausbildung auf einen möglichst weiten Erfahrungshorizont zurückgreifen können, verlassen sie so oft es geht die Werkstatt. Waldner: „Wir fahren raus zu sicherheitstechnischen Messungen und begleiten unsere Netzbetriebsmonteure zu Gebäudeprüfungen. Im Prinzip schauen wir ständig, wo wir in Sachen Netz- und Gebäudetechnik praktisch anknüpfen können.“ Ein besonders spannender Anknüpfungspunkt bot sich in Obereschach. In dem Ortsteil von Villingen-Schwenningen, am östlichen Rand des Schwarzwaldes gelegen, betreibt naturenergie netze ein 110/20-kV Umspannwerk. Dort hielt naturenergie-netze-Projektleiter Marcel Dold nach einer Möglichkeit Ausschau, das Energiemonitoring der Anlage zu optimieren.

Keine Arbeit für die Galerie, sondern echte Hilfe fürs Unternehmen

Konkret suchte er nach einer Lösung, um den Verbrauch der Anlage detaillierter zu messen und leichter auszuwerten. „Ziel war es unter anderem, den Eigenbedarf weiter zu optimieren“, erklärt der Netzbetriebsmonteur für Hochspannungs- und Sekundärtechnik. Dold verweist zudem auf die Bemühungen des schon heute klimaneutralen Unternehmens, künftig weitere Ressourcen zu schonen: „Uns ist sehr daran gelegen, den Netzbetrieb so effizient und nachhaltig wie möglich gestalten.“

Den entscheidenden Tipp gab Klaus Ott von Lingg & Janke. Der Elektronik-Fachbetrieb ist auf Wohn- und Gebäudetechnik spezialisiert und arbeitet seit nunmehr 30 Jahren mit der technischen Ausbildung von naturenergie netze zusammen. So kommt Klaus Ott einmal im Jahr in die Lehrwerkstatt, um die Auszubildenden in Sachen KNX (ein Technologie-Standard in der Gebäudeautomation) zu schulen. Von naturenergie netze auf die geplante Optimierung im Umspannwerk angesprochen, hatte Ott einen passenden Vorschlag parat: Intelligente Zähler, die über ein Bussystem ausgelesen und über eine entsprechende Plattform visualisiert werden –  und als besonderer Clou: von den aktuellen Kursteilnehmern installiert werden könnten.

Klaus Ott und Andreas Waldner sind ein eingespieltes Team. (Foto: Klaus Ott)
Klaus Ott und Andreas Waldner sind ein eingespieltes Team. (Foto: Klaus Ott)

Nachwuchs-Elektroniker blieben im Umspannwerk cool

Was für die Azubis von Andreas Waldner eine spannende Gelegenheit werden sollte, ein echtes praktisches Problem zu lösen, war für Marcel Dold eine willkommene Abhilfe. „Für mich war die gesamte Aufgabenstellung durchaus knifflig; immerhin gehört KNX nicht zu meinen alltäglichen Aufgaben“, verrät Dold mit einem Augenzwinkern. Gemeinsam erarbeitete die Projektgruppe ein Messkonzept. „Zunächst haben wir in der Lehrwerkstatt die erforderlichen Prüfgeräte eingestellt und eine Struktur zur Visualisierung programmiert“, berichtet Ausbildungsleiter Waldner.

Von der Kursbank zur Praxisanwendung: Klaus Ott, Produktmanager von Lingg & Janke (stehend, 2. von rechts), gab entscheidende Tipps zur Optimierung des Energiemonitorings im Umspannwerk Obereschach. Zusätzlich schlug er vor, die Auszubildenden von naturenergie netze in das Projekt einzubeziehen. Die erfolgreiche Umsetzung ist das Resultat einer langjährigen und vertrauensvollen Zusammenarbeit. Seit zwei Jahrzehnten bildet Klaus Ott den Nachwuchs von naturenergie netze im Bereich der Gebäudeautomation aus. Das Archivbild zeigt einen der frühen KNX-Lehrgänge. (Foto: naturenergie netze)
Von der Kursbank zur Praxisanwendung: Klaus Ott, Produktmanager von Lingg & Janke (stehend, 2. von rechts), gab entscheidende Tipps zur Optimierung des Energiemonitorings im Umspannwerk Obereschach. Zusätzlich schlug er vor, die Auszubildenden von naturenergie netze in das Projekt einzubeziehen. Die erfolgreiche Umsetzung ist das Resultat einer langjährigen und vertrauensvollen Zusammenarbeit. Seit zwei Jahrzehnten bildet Klaus Ott den Nachwuchs von naturenergie netze im Bereich der Gebäudeautomation aus. Das Archivbild zeigt einen der frühen KNX-Lehrgänge. (Foto: naturenergie netze)

Die Ehre, das System am „lebenden Objekt“ zu verdrahten, fiel den „dienstältesten“ Nachwuchs-Elektronikern Thomas und Tobias (beide 3. Lehrjahr) zu. Immerhin ist in einem Umspannwerk ein gewisses Maß an Vorsicht geboten. Die beiden bewiesen jedoch technisches Geschick und einen kühlen Kopf, und zwar auch in Situationen, in denen nicht alles auf Anhieb gelang. „Anfangs gab es kleine Schwierigkeiten. Erst wurden die Werte nicht wie gewünscht ausgespielt, und dann wollte sich das System nicht mit dem Netzwerk verbinden. Dabei war es besonders wichtig, dass wir die Daten auch aus der Ferne beobachten können. Die Jungs haben diese Stolpersteine jedoch mit Bravour überwunden“, fasst Waldner anerkennend zusammen.

Krönender Anschluss eines spannenden Azubi-Projektes: Thomas und Tobias, jeweils im dritten Lehrjahr, installieren das System, welches naturenergie netze von nun an genauere und „hübschere“ Verbrauchsdaten aus dem Umspannwerk in Obereschach liefern wird. (Foto: naturenergie netze)
Krönender Anschluss eines spannenden Azubi-Projektes: Thomas und Tobias, jeweils im dritten Lehrjahr, installieren das System, welches naturenergie netze von nun an genauere und „hübschere“ Verbrauchsdaten aus dem Umspannwerk in Obereschach liefern wird. (Foto: naturenergie netze)

Und auch Marcel Dold ist sehr zufrieden mit dem „Tuning“ durch die Azubis: „Das war keine Arbeit für die Galerie, sondern eine echte Hilfe fürs Unternehmen. Das System läuft einwandfrei. Besser geht es nicht.“ Der Projektleiter wird auch künftig den Schützlingen von Andreas Waldner das Vertrauen schenken. Er stellt den aktuellen und künftigen Auszubildenden weitere spannende Projekte in Aussicht: „Da kommt ganz bestimmt etwas. Was genau, wird noch nicht verraten. Nur so viel: In unserem Netzbetrieb gibt es immer etwas zu tun!“

 

Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik:

Die fundierte Ausbildung des Nachwuchses ist naturenergie netze von zentraler Bedeutung. Schließlich sind Versorgungssicherheit und die Transformation des Stromnetzes vor dem Hintergrund der Energiewende auf Fachkräfte angewiesen.  Wer sich für eine Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik (m/w/d) interessiert, der sollte Spaß und Lust am Umgang mit der Technik mitbringen. „Die Schulnoten sollten sich im Rahmen bewegen“, wirft Ausbildungsleiter Andreas Waldner ein. „Noch wichtiger ist jedoch die Bereitschaft, sich jeden Tag mit neuen Dingen zu beschäftigen.“

 

Über den Autor: Patrick Torma

(Foto: CAMILLO WIZ PHOTOGRAPHY, Camillo Lemke)
(Foto: CAMILLO WIZ PHOTOGRAPHY, Camillo Lemke)

Als freier Journalist und Texter spürt Patrick Torma spannenden Geschichten nach – und bringt sie für Leser auf den Punkt. Zu seinen Auftraggebern zählen Medien und Redaktionsbüros, aber auch Unternehmen, die ihrer Zielgruppe einen Mehrwert bieten. Technische und historische Themen begeistern ihn besonders. Da trifft es sich gut, dass die (Strom-)Netzgeschichten im ED-Netze-Blog beides vereinen.

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