Heute schon zukunftsweisend: Das neue Umspannwerk in Löffingen

Innovativ und klimafreundlich: Das neue Umspannwerk in Löffingen kommt unter anderem ohne schädliche Treibhausgase in den Schalterisolierungen aus. Foto: ED Netze GmbH
Innovativ und klimafreundlich: Das neue Umspannwerk in Löffingen kommt unter anderem ohne schädliche Treibhausgase in den Schalterisolierungen aus. Foto: ED Netze GmbH

Seit Februar dieses Jahres befindet sich das erste SF6-freie Umspannwerk von ED Netze im Teilbetrieb. Noch ist die Anlage im südbadischen Löffingen nicht ans Hochspannungsnetz angeschlossen. Dennoch steht bereits heute fest: Für das Unternehmen ist das Umspannwerk weit mehr als ein „Testballon“ – es ist ein klares Bekenntnis zu einem klimaneutralen Netzbetrieb.

Von Patrick Torma

„Alles läuft bisher einwandfrei, wir sind sehr zufrieden“, vermeldet ED-Netze-Projektleiter Rainer Beck aus Löffingen. Dort, im Gewerbegebiet an der B31, hat ED Netze im vergangenen Februar ein neues 110/20-kV-Umspannwerk errichtet und in den Teilbetrieb genommen. Das Besondere daran: Sämtliche Schalteranlagen kommen ohne das klimaschädliche Isoliergas Schwefelhexafluorid (SF6) aus. Stattdessen wird die so genannte „Clean Air“-Technologie angewandt. Hierbei sind spannungsführende Komponenten wie eben Schalter oder Messwandler in ihren Verkapselungen von „getrockneter Luft“ umschlossen. Diese Luft besteht ausschließlich aus Stickstoff und Sauerstoff und besitzt keinerlei Treibhauspotenzial.

Ein Projekt mit Vorbildcharakter

Demnach hat das Umspannwerk in Löffingen Vorbildcharakter, und zwar über das Netzgebiet von ED Netze hinaus. Dies zeige sich an einem gesteigerten öffentlichen Interesse, wie Rainer Beck verrät: „Normalerweise wird kaum jemand hellhörig, wenn ein neues Umspannwerk gebaut wird. Der Neubau in Löffingen hingegen hat ziemlich hohe Wellen geschlagen, sowohl in der Berichterstattung als auch in der Politik und der Energiewirtschaft. Wir haben viele Besichtigungsanfragen erhalten.“

Realisiert wurde dieses Leuchtturmprojekt in enger Kooperation mit den Technologie-Partnern Schneider Electric für die Mittelspannungs- sowie Siemens für die Hochspannungsanlagen. Während das Umspannwerk Löffingen bereits an die Ebene der Mittelspannung angeschlossen ist, steht die elektrische Anbindung ans Hochspannungsnetz noch aus.

Hintergrund ist, dass die nahegelegene 110 kV-Freileitung an den Standort und dessen Entwicklung angepasst werden muss. „Im Wesentlichen erhöhen wir die Bestandsleitungen, um den Abstand zu den Gebäuden zu wahren und eine künftige Erweiterung des Gewerbegebietes zu ermöglichen. In einem Fall müssen wir einen Mast verstärken, um das Umspannwerk unterirdisch an diese Leitung anschließen zu können“, erklärt Energieanlagenelektroniker Beck.

Rainer Beck, Projektleiter des UW Löffingen, bei der Inbetriebnahme der SF6-freien Mittelspannungsschaltanlage im Februar 2023. Foto: Roland Sigwart / ED Netze GmbH
Rainer Beck, Projektleiter des UW Löffingen, bei der Inbetriebnahme der SF6-freien Mittlespannungsschaltanlage im Februar 2023. Foto: Roland Sigwart / ED Netze GmbH

Nachweise für den Vogelschutz

Diese Tiefbauarbeiten erfordern eine behördliche Genehmigung, zumal Vogelarten wie das Schwarzkehlchen oder die Feldlerche bevorzugt in den umliegenden Feldern und Wiesen brüten. Gerade die Feldlerche gilt in Deutschland als gefährdet. Das Naturschutzrecht sieht vor, dass Eingriffe in die Landschaft zu kompensieren sind. Das bedeutet in diesem Fall, dass ED Netze in der unmittelbaren Umgebung Ausgleichsflächen schaffen wird, damit die Tiere auch in den kommenden Jahren ausreichend Lebensraum vorfinden, um ihren Nachwuchs aufzuziehen. (Was ED Netze darüber hinaus für den Vogelschutz tut, lesen Sie in diesem Beitrag).

„Nachweise über die Flächen, die wir anmieten werden, und andere ökologische Maßnahmen haben wir dieser Tage ans Regierungspräsidium bzw. die untere Naturschutzbehörde nach Freiburg gesandt“, berichtet Beck. Der Projektleiter hofft auf eine Genehmigung noch in Jahr 2023, so dass der Baubeginn – sofern die Witterung im Winter es zulässt – im Januar 2024 erfolgen könnte. Verläuft alles nach Plan, könne mit einer vollständigen Inbetriebnahme Ende 2024 gerechnet werden.

8 Millionen Euro für die Versorgungssicherheit der Zukunft

Rund 8 Millionen Euro nimmt das Unternehmen in die Hand, um die Netzinfrastruktur in Löffingen zu stärken. Schließlich wurde der Neubau an diesem Standort erforderlich, weil die Leistung des alten Umspannwerkes nicht mehr mit den steigenden Anforderungen Schritt hielt. Einerseits nahm und nimmt der Leistungsbedarf durch die Ansiedlung neuer Unternehmen in dem Gewerbegebiet, aber auch durch den Ausbau von Wärmepumpen oder Ladestationen für E-Autos im Ort, zu. Andererseits verändert sich die Rolle der Verteilnetze zusehends: Immer mehr Elektrizität, insbesondere aus Erneuerbaren Energien, wird dezentral, also in den lokalen Stromnetzen, erzeugt. Daher werden Großprojekte wie jenes in Löffingen notwendig, um die Stromversorgung der Zukunft zu sichern.

Auf diese Weise schafft ED Netze die infrastrukturellen Voraussetzungen für eine Energiewende vor Ort. Gleichzeitig wirke sich der Umstieg auf die „Clean Air“-Technologie positiv auf die Bilanz des ohnehin schon klimaneutral arbeitenden Netzbetreibers aus, wie Rainer Beck ausführt: „Am Standort Löffingen sparen wir durch die vollständige Vermeidung von SF6-Gas ein CO2-Äquivalent von 18.240 Tonnen ein.“ Einsparungen, die sich in absehbarer Zeit weiter summieren, nicht zuletzt, weil auch die Primärtechnik eines Umspannwerkes – allen voran Leistungstransformatoren – immer effizienter arbeitet und mit weniger (Netz-)Verlusten behaftet ist. Vor allem aber, weil ED Netze die neue Technologie konsequent „ausrollen“ wird.

Die Firma Schneider Electric gehört – neben Siemens – zu den treibenden Technologiepartnern des Projekts. Hier zu sehen sind die neuen Mittelspannungsschaltanlagen im Umspannwerk Löffingen. Foto: Roland Sigwart / ED Netze GmbH
Die Firma Schneider Electric gehört – neben Siemens – zu den treibenden Technologiepartnern des Projekts. Hier zu sehen sind die neuen Mittelspannungsschaltanlagen im Umspannwerk Löffingen. Foto: Roland Sigwart / ED Netze GmbH

Ob Neubau oder Modernisierung im Bestand: Überall dort, wo Schaltanlagentechnik erneuert wird, wird das Unternehmen klimaschädliches SF6 verbannen. Einzige Ausnahme: Bei mobilen Schaltanlagen, die dann zum Einsatz kommen, wenn stationäre Anlagen repariert oder ausgetauscht werden, ist die „Clean Air“-Technik (noch) nicht zugelassen. Konkrete Projekte stellt Rainer Beck in Aussicht: „Für Umspannwerke in Obereschach (Ortsteil von Villingen-Schwennigen, Anm. d. Red.) und Albbruck ist die SF6-freie Technik praktisch schon bestellt. Kurzfristig wird auch unser Standort in Maulburg mit einer neuen Mittelspannungsanlage ausgerüstet.“

Innovationsprojekt Löffingen

Wenn das neue 110/20-kV-Umspannwerk in Löffingen Ende 2024 vollständig ans Netz geht, bildet dies den Schlusspunkt einer fast fünfjährigen Pilotprojektphase.

Eine Zeit, die Projektleiter Rainer Beck, immerhin seit 1979 im Unternehmen, als „schöne Herausforderung“ beschreibt. „Es ist total spannend, ein solches Projekt beruflich begleiten zu dürfen – und erfreulich zu sehen, dass ED Netze einen deutlichen Mehraufwand betreibt, um sein Stromnetz zu ertüchtigen. Wesentlich war auch das gute Verhältnis zu Schneider Electric und Siemens. Beide Partner haben uns stets unterstützt und sind gezielt auf unsere Wünsche eingegangen.“

Neben der SF6-freien „Clean Air“-Technik zeichnet sich das neue Umspannwerk durch weitere Features aus, die sowohl auf die Effizienz als auch die Nachhaltigkeit der Anlage einzahlen. Hierzu gehört moderne Mess- und Analysetechnik, die dabei hilft, Zu- und Abflüsse zu überwachen, Ausfallzeiten zu reduzieren und den Betrieb sicherer und effizienter zu machen. Vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Überlegungen ist auch die kompakte Bauweise nennenswert.

Ein Beitrag, von dem die unmittelbare Umwelt profitiert, ist die angrenzende Blühwiese, für die ED Netze eine Patenschaft übernommen hat. Auf 7.000 Quadratmetern hat der Netzbetreiber zusammen mit dem ausführenden Partner, dem Löffinger Haslachhof, ein Paradies für Bienen, Schmetterlinge und andere Insekten gesät.

Über den Autor: Patrick Torma

(Foto: CAMILLO WIZ PHOTOGRAPHY, Camillo Lemke)
(Foto: CAMILLO WIZ PHOTOGRAPHY, Camillo Lemke)

Als freier Journalist und Texter spürt Patrick Torma spannenden Geschichten nach – und bringt sie für Leser auf den Punkt. Zu seinen Auftraggebern zählen Medien und Redaktionsbüros, aber auch Unternehmen, die ihrer Zielgruppe einen Mehrwert bieten. Technische und historische Themen begeistern ihn besonders. Da trifft es sich gut, dass die (Strom-)Netzgeschichten im ED-Netze-Blog beides vereinen.

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