Die Verteilernetze, wie sie auch ED Netze betreibt, trifft die Energie- und Mobilitätswende doppelt: durch die veränderte lokale Erzeugungs- wie auch Nachfragesituation – Stichwort Erneuerbaren Energien beziehungsweise E-Autos. In die entsprechende Netzertüchtigung werden jährlich hohe Summen investiert.
von Franziska Heidecke
In Phasen hoher lokaler Stromerzeugung, vor allem durch die steigende Zahl einspeisender Photovoltaik-Anlagen (kurz PV), und geringem lokalem Verbrauch, kann das Ungleichgewicht von Erzeugung und Nachfrage zu Netzüberlastungen führen (wie auch im umgekehrten Fall). Auch zeigen Studien, dass viele gleichzeitige Ladevorgänge von E-Autos zu Netzbelastungen führen können, falls diese nicht angepasst an die jeweilige Netzsituation gesteuert werden.
(Verteil-)Netzbetreiber müssen perspektivisch demnach Einspeise- wie Ladevorgänge steuern können, um Lasten dynamisch an die Netzkapazität anzupassen. Mittelfristig sind „intelligente“ Stromnetze gefragt, deren vernetzte Akteure und smart ausgewertete Daten die Basis eines vorausschauenden Last- bzw. Engpassmanagements sind. Heißt auch: Der schrittweise Ausstieg aus der Kern- sowie Kohleenergie und die zunehmende Einspeisung von Strom aus Erneuerbaren Energien führen dazu, dass Netzbetreiber zukünftig häufiger als bisher Redispatch-Maßnahmen vornehmen müssen.
Gemeint war damit bislang nur der aktive Eingriff in die Erzeugungsleistung von Kraftwerken, um Stromnetz-Abschnitte oder Transformatoren (etwa in Umspannwerken) vor einer Überlastung zu schützen: Drohte an einer Stelle im Netz ein solcher Engpass, wurden Energieproduzenten vor dem Engpass angewiesen, ihre Einspeisung zu drosseln, während entsprechende Anlagen dahinter ihre Einspeiseleistung erhöhen mussten. Auf diese Weise wurde ein Lastfluss erzeugt, der dem Engpass entgegenwirkte.
Mehr EEG-Einspeisungen, mehr Aufgaben, mehr Kosten
An diesem sogenannten Redispatch 1.0 waren bislang nur konventionelle Kraftwerke ab 10 MW Nennleistung beteiligt. Doch deren Zahl nimmt im Zuge der Energiewende ab. So wird das Netzengpassmanagement immer komplexer, weil die dezentralen „Nachfolger“, wie etwa PV-Anlagen, wetterabhängig unregelmäßig Leistung erbringen. Es muss also zunehmend mehr für die Erhaltung der Netz- und Systemstabilität getan werden – am besten unter Mitwirkung (fast) aller, die Strom einspeisen. Das ist, vereinfacht dargestellt, die Idee hinter dem Redispatch 2.0, für den bis Oktober 2021 alle betroffenen Stromerzeuger bereits diversen Meldepflichten nachkommen mussten.
Doch auch der Redispatch 2.0 ist nur ein erster Meilenstein hin zum dezentralen und KI-basierten Netzengpassreduktionsvorgehen Redispatch 3.0, bei dem dann langfristig auch private Kleinanlagen in die Prognose- und Netzoptimierungsprozesse integriert werden sollen. Wie zum Beispiel die wachsende Zahl an PV-Anlagen.
Denn eines ist klar: Nur mit Hilfe der Sonnenenergie, wie im Übrigen auch der viel weiter verbreiteten Windkraft, der anderen, noch größeren Energiequelle mit Erneuerbare-Energien-Mix, werden Energie- und Mobilitätswende gelingen. Dafür gilt es die Netze entsprechend zu ertüchtigen – und die Netzbetreiber investieren dafür bereits jetzt jedes Jahr hohe Summen. Insbesondere auch im Niederspannungsnetz.
Über die Autorin: Franziska Heidecke
Franziska Heidecke ist seit Januar 2021 Bereichsleiterin „Digitalisierung und Innovation“ bei ED Netze. Schon im Studium war die Digitalisierung der Stromnetze ihr Steckenpferd und wurde bei ihrem letzten Arbeitgeber Netze BW dann zum Fokusthema. Ihr Ziel ist die Schaffung von Netztransparenz auf Mittel- und Niederspannungsebene zur Erhöhung der Versorgungssicherheit, optimierten Netzplanung und effizienten Netzführung. Und eine begleitende aufklärende Kommunikation.
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