Willkommen im Storchenparadies Südbaden: Für mehr als 40 Brutpaare ist das Netzgebiet von ED Netze eine Heimat geworden. Mit einem Vogelschutzprogramm trägt der Netzbetreiber dazu bei, dass sich die Population weiterhin positiv entwickelt. Auch wenn mancher Storch zu seinem Glück „gezwungen“ werden muss – zu seinem eigenen Wohl, aber auch zur Sicherheit des Stromnetzes.
Von Patrick Torma
In den 1970er-Jahren galt „Meister Adebar“, wie der Weißstorch in Fabeln und Märchen genannt wird, landesweit so gut wie ausgestorben. 1975 zählte Baden-Württemberg gerade mal ein Dutzend Brutpaare. Insbesondere der menschengemachte Verlust von Lebensräumen – etwa durch die Trockenlegung feuchter Landstriche und eine intensive Agrarwirtschaft – machte den Störchen zu schaffen. Am Tiefpunkt angekommen war der Bestand Ende der 1980er-Jahre: Seinerzeit sank die Anzahl der Storchenpaare, die sich auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik heimisch fühlten, auf unter 3.000.
Das Wichtigste in aller Kürze
- Der Storch ist wieder in Südbaden heimisch – 40 Brutpaare haben sich im Netzgebiet niedergelassen
- ED Netze unterstützt die Ansiedlung neuer Brutpaare und betreibt darüber hinaus einen vielseitigen Vogelschutz
- Ein wichtiges Anliegen ist es, Störche und andere Vögel vor Stromschlägen zu schützen und gleichzeitig Versorgungssicherheit zu gewährleisten
Die gute Nachricht: Heutzutage ist der „Klapperstorch“ in unseren Breitengraden wieder deutlich häufiger anzutreffen. Aktuelle Zahlen gehen von bundesweit knapp 8.000 Brutpaaren aus. Lange Zeit ließen sich die Zugvögel bevorzugt in den östlichen Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt nieder. Doch durch nachhaltige Schutz- und Wiederansiedlungsprogramme und ein offensichtlich gewandeltes Zugverhalten – so überwintern nach Westen ziehende Störche immer häufiger in Südspanien, anstatt die lange Weiterreise nach Afrika anzutreten – liegt Baden-Württemberg im Trend, was die Wahl der Nistplätze betrifft. 2020 wurden allein hierzulande knapp 1.500 Brutpaare gezählt.
Über 40 Storchenpärchen haben im südbadischen Netzgebiet von ED Netze eine neue Heimat gefunden. Sie nisten am liebsten dort, wo sie den optimalen Überblick behalten und Mäuse, Frösche und andere Kleintiere erspähen können: in luftigen Höhen, versteht sich. Das können Bäume sein, gerne nutzt der Storch jedoch auch die vorhandene Infrastruktur des Menschen als Nistunterlage. So wird er unter anderem auf Hausdächern, Schornsteinen, Kirchtürmen oder Strommasten gesichtet.
Welche Gefahren von Strommasten für den Storch ausgehen
Der Storch an sich ahnt es nicht, und der Anblick von Vögeln, die tiefenentspannt auf Freileitungen Platz nehmen, mag unsereins in trügerische Sicherheit wiegen: Allerdings sind Strommasten eine gefährliche Wahl, denn den Tieren droht ein tödlicher Stromschlag.
Gerade für größere Vögel geht von Mittelspannungsmasten ein hohes Risiko aus. Ihre Bauweise weist häufig geringe Abstände zwischen den Leitungsdrähten bzw. unter Spannungen stehenden Elementen sowie den Masten auf. Mit seiner Spannweite, und seinem größeren „Wendekreis“ in der Luft, aber auch aufgrund seines Sehvermögens (zwar haben Vögel gute Augen, je weiter seitlich sie jedoch am Kopf angeordnet sind, desto eingeschränkter ist ihre räumliche Wahrnehmung), läuft der Storch Gefahr, Leitungen und Masten mit seinen Flügeln gleichzeitig zu berühren. Die Folge kann ein Erdschluss sein, der zu tödlichen Verletzungen führt. Doch nicht nur direkter Körperkontakt beim An- oder Abflug ist kritisch: Eine unerwünschte leitende Verbindung kann ebenso durch einen Kotstrahl oder wild abstehendes Nistmaterial verursacht werden.
Warum der Schutz der Störche auch das Stromnetz schützt
Auf der anderen Seite birgt jeder Kurz- bzw. Erdschluss grundsätzlich die Gefahr, dass elektrische Komponenten beschädigt werden. Ein starker Stromschlag kann Nester in Brand setzen und so zu Unterbrechungen in der Stromversorgung führen. Selbst wenn sich Meister Adebar beim Nisten an ungeschriebene Abstandsregeln hält und das schlimmstmögliche Unheil ausbleibt: Storchennester sind eine ziemlich massive Angelegenheit, die schnell ein Gewicht von mehreren Hundert Kilogramm anhäufen können. Für solche Traglasten ist die Statik von Mittelspannungsmasten nicht ausgelegt. Ein weniger gewichtiges, aber nicht minder schwerwiegendes Problem sind Verunreinigungen durch Fäkalien, die Leitungen, Isolatoren oder Klemmen verätzen – so entstehen wiederum neue, potenzielle Gefahrenquellen, sowohl für das Tierwohl als auch die Netzsicherheit.
Es gibt also gute Gründe, warum Netzbetreiber wie ED Netze in einen umfassenden Vogelschutz (siehe Infokasten) investieren. Dazu gehören präventive Maßnahmen wie die Installation von Vorrichtungen, die das Nisten erschweren und Strommasten für den Storch weniger verführerisch erscheinen lassen. Hat es sich ein Brutpaar dennoch auf einem solchen gemütlich gemacht, kommt es vor, dass sich ED Netze als „Storchen-Manager“ betätigt, um den tierischen „Besetzern“ einen alternativen Nistplatz schmackhaft zu machen. Kein leichtes Unterfangen, denn haben sich Störche einmal häuslich eingerichtet, bleiben sie ihrem Horst treu und kehren Jahr für Jahr zurück dorthin.
Vielseitiger Vogelschutz
Dadurch, dass er in vielen Gebieten Deutschland zwischenzeitlich als ausgestorben galt, kommt dem Storch, der im Volksglauben obendrein als Heilbringer wahrgenommen wird, eine besondere Aufmerksamkeit zuteil. Dabei zielen die Maßnahmen von ED Netze auf den Schutz aller Vögel ab. Zahlreiche Vögel sterben jährlich in Deutschland den sogenannten „Stromtod“.
Exakte Zahlen sind schwer zu ermitteln. Der Naturschutzbund (NABU) geht in seiner jüngsten Studie (PDF) von 1,5 Millionen Vögeln aus, die durch die Kollision mit Leiterseilen, Erdseilen und anderen unter Spannungen stehenden Bauteilen bzw. eine gleichzeitige Berührung der Masten tödliche Verletzungen erleiden.
Deshalb statten Netzbetreiber wie ED Netze neue und bestehende Freileitungen mit vielfältigen Schutzmaßnahmen aus, beispielsweise mit Vogelschutzhauben, Sitzstangen, Büschel-Vogelabweiser sowie Markierungen für eine bessere Sichtbarkeit.
Wo neue Netzausbauprojekte vorangetrieben werden, lässt ED Netze frühzeitig Umweltstudien erstellen, die für den geplanten Verlauf der Freileitungstrasse die jeweilige Artenvielfalt berücksichtigen und die besonderen Schutzbedürfnisse des Lebensraums im Allgemeinen sowie von Zug- und Brutvögeln im Besonderen in den Blick nehmen.
5.800 Masten hat ED Netze in den vergangenen Jahren gesichert, weniger als 1.000 stehen noch aus. Insgesamt wurden in den vergangenen Jahren Vogelschutzmaßnahmen in Höhe von über 1,5 Millionen Euro umgesetzt, jährlich investiert das Unternehmen rund 200.000 Euro in sein Schutzprogramm.
Wie ED Netze den Störchen beim Nisten behilflich ist
Auch deshalb arbeitet ED Netze eng mit Naturschützern, Ornithologen und dem Regierungspräsidium in Freiburg zusammen, vor allem aber, um auf die Bedürfnisse der Tiere einzugehen. Schließlich sollen die Vögel nicht vertrieben, sondern zu einem Umzug in der Region bewogen werden. In der Landstadt Tengen im Hegau etwa hatte sich eine Storchenfamilie in einen Niederspannungsmast „verguckt“ – um ihr die Suche nach einem geeigneteren Brutplatz so leicht wie möglich machen, hat ED Netze in unmittelbarer Nähe einen Stahlrohrmast errichtet. Das alte Nest hatten ED Netze-Mitarbeiter „räumen“ müssen, aus Sicherheitsgründen: Die Drähte an einem Niederspannungsmast liegen enger beieinander, berührt der Storch mit seiner großen Spannweite zufällig beide Drähte, kann er sich verletzen und einen Stromausfall auslösen.
Nicht immer gelingt es, den Störchen geeignete Vorschläge zu unterbreiten – sei es, weil Nistalternativen nicht (sofort) verfügbar sind oder aber die Brutsaison kurz bevorsteht. Solange noch keine Eier im Nest liegen, lassen sich gefährlich herabhängende Zweige stutzen und das Risiko eines Erdschlusses über das Nistmaterial reduzieren. In Eimeldingen bot ED Netze – in Abstimmung mit dem Grundstückseigentümer und Storchenfreunden – sogar einen Kabelaufführungsmast als Storchen-Kinderstube an. Unter einer Bedingung: Die Installation im oberen Bereich des Mastes bleibt sauber. ED Netze montierte ein stabiles Metallgeflecht als Nisthilfe samt Abdeckung, welche die sensible Technik durch herabfallende Ausscheidungen schützt.
Weshalb Storchen- und Vogelschutz arbeitsintensiv ist
So unterschiedlich die Lösungen von Fall zu Fall sein mögen, eines haben sie gemein: Sie sind mit vielen Anstrengungen verbunden. Einen einzelnen Mast „vogelsicher“ auszustatten, kann einen ganzen Arbeitstag in Anspruch nehmen und das mit bis zu sieben Technikern. In Eimeldingen rückten die Mitarbeiter mit Kran und Hubsteiger an, um die 120 Kilogramm schwere Konstruktion in einer Höhe von knapp 13 Metern zu befestigen. Nicht zu unterschätzen sind auch die Vorarbeiten: Leitungen müssen freigeschaltet, die Stromversorgung in der Umgebung gesichert werden.
Doch mit jedem „Geklapper“, das im Frühjahr erklingt und so von der Ansiedlung eines neuen Storchenpaars in der Netzregion kündet, wird klar: Dieser Aufwand ist es wert.
Gesetzlich vorgegebener Vogelschutz
Tierschützer haben darauf hingewirkt, besonders wichtig und einflussreich war hierbei die jahrelange Arbeit der Bundesarbeitsgruppe Stromtod des Naturschutzbundes, kurz: NABU:
Im Bundesnaturschutzgesetz (damals § 53, heute § 41) wurde 2002 der „Vogelschutz an Energiefreileitungen“ festgeschrieben. In der VDE-Anwendungsregel VDE-AR-N 4210-11 sind Maßnahmen gegen Stromschläge an Mittelspannungsfreileitungen aufgeführt und – jeweils für unterschiedliche Mastarten und deren Neubau wie auch Nachrüstung. Dies schafft mehr Rechts- und Investitionssicherheit für Netzbetreiber und Hersteller. Darüber hinaus sind Naturschutzverbände auf der einen und Energieversorger und Netzbetreiber auf der anderen Seite übereingekommen, über den Vogelschutz über die gesetzlichen Verpflichtungen hinaus voranzutreiben.
Über den Autor: Patrick Torma
Als freier Journalist und Texter spürt Patrick Torma spannenden Geschichten nach – und bringt sie für Leser auf den Punkt. Zu seinen Auftraggebern zählen Medien und Redaktionsbüros, aber auch Unternehmen, die ihrer Zielgruppe einen Mehrwert bieten. Technische und historische Themen begeistern ihn besonders. Da trifft es sich gut, dass die (Strom-)Netzgeschichten im ED-Netze-Blog beides vereinen.
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