Leistungstransformatoren in Umspannwerken stehen ständig unter Strom – sorgen sie doch dafür, dass selbiger von Hochspannung auf Mittelspannung umgewandelt wird und letztlich bei uns zu Hause ankommt. Mancher „Trafo“ verrichtet seit Jahrzehnten zuverlässig seinen Dienst. Dennoch wird es Zeit für eine Ablösung – aus guten Gründen.
Von Patrick Torma
Um ihren Aufbau zu veranschaulichen, wird unser Stromnetz mit seinen vier Spannungsebenen gerne mit Straßenanalogien bedacht. Das Übertragungsnetz, das Strom über weite Strecken mit einer Höchstspannung von 220 oder 380 Kilovolt (kV) transportiert, ist demnach die „Stromautobahn“. „Biegt“ der Strom von dieser Autobahn ins Verteilnetz ab, verästelt sich die Netzinfrastruktur: Hoch-, Mittel- und Niederspannung bilden gewissenermaßen Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen ab.
Je lokaler der Bestimmungsort, desto häufiger muss der Strom seine „Richtgeschwindigkeit drosseln“. Diese „Bremsung“ wird in Umspannwerken vollzogen, die man sich, möchte man im Bild bleiben, als Abfahrten zwischen den Spannungsebenen vorstellen kann. Vom Wechsel von Höchst- auf Hochspannung wird der Strom erstmals umgewandelt – auf 110 kV.
Die regionale Versorgung beginnt auf Ebene der Mittelspannung. Strom, der mit einer Hochspannung von 110 kV, einläuft, wird in „handlichere“ 20 kV umgespannt. Auf dieser Ebene ist etwa die Industrie angeschlossen. Und: Von dort fließt der Strom schließlich über die Ortsnetzstationen in die Wohnungen und Häuser der Endverbraucher, die ihre elektrische Energie mit einer haushaltsüblichen Spannung von 230 Volt aus der Steckdose beziehen.
Das Umspannen übernehmen Leistungstransformatoren, basierend auf dem von Michael Faraday entdeckten Prinzip der elektromagnetischen Induktion. Sie zählen – zusammen mit der Schaltanlage sowie der Mess- und Regeltechnik – zur sogenannten Primärtechnik eines Umspannwerkes. Da sie elementar für die Versorgungssicherheit sind, werden sie stets vom zuständigen Netzbetreiber überwacht und gewartet. In den 35 Umspannwerken des südbadischen Netzbetreibers ED Netze erfahren „Trafos“ derzeit eine umfassende Sonderbehandlung: Um die Netzstabilität der kommenden Jahrzehnte zu sichern, wechselt das Unternehmen die 110/20-kV-Transformatoren in seinen Betriebsanlagen sukzessive aus.
Leistungsstärker, effizienter, zukunftsgerichtet
Einige der alten Modelle sind seit 50 Jahren in Betrieb, damit erreichen sie allmählich ihre technische Nutzungsdauer. Darüber hinaus ist der Stand der Technik längst ein anderer. Die neue Transformatoren-Generation ist leistungsstärker. Der Leistungsbereich der Nachfolger liegt bei bis zu 63 MVA. MVA steht für Megavoltampere, 1 MVA sind 1.000.000 Voltampere (VA). In dieser Einheit wird die Scheinleistung bemessen: Sie setzt sich aus einer „tatsächlichen“ Wirkleistung und einer Blindleistung zusammen. Letztere wird, verkürzt gesagt, zum Aufbau von Spannung in einem (Wechsel-)Stromnetz benötigt, kommt aber bei keinem Endverbraucher unmittelbar an.
Bevor wir in die Tiefen der Elektrotechnik hinabtauchen*, es genügt zu wissen: Die neuen 110/20-kV-Leistungstransformatoren „verkraften“ deutlich mehr als ihre Vorgänger. Das ist auch vor dem Hintergrund der Energiewende dringend erforderlich, denn ein Ende des „Stromzentralismus“ ist absehbar. Elektrizität wird längst nicht nur in großen Kraftwerken erzeugt und über die eingangs erwähnten Stromautobahnen zu uns „gelenkt“, sondern zunehmend dezentral in den Verteilnetzen selbst produziert und eingespeist. Durch den Umstieg auf leistungsstärkere Transformatoren wird es möglich, künftig weitere und größere Windkraft- und Photovoltaikanlagen ans Stromnetz anzuschließen.
* Wer sich für Details von Schein-, Wirk- und Blindleistung interessiert, findet hier Anschluss. Beliebt, weil wunderbar plastisch ist der Erklärungsansatz mithilfe eines frisch gezapften Bieres.
Netzverluste vermeiden, Umwelt schonen
Mehr als ein willkommener Nebeneffekt in diesem Zusammenhang: Die neuen Trafos arbeiten effizienter. Netzverluste lassen sich beim „Umspannen“ – wie bei der Stromübertragung allgemein – physikalisch bedingt nie völlig vermeiden. Mithilfe moderner Trafo-Modelle wohl aber reduzieren – und zwar im Schnitt um rund 30 Prozent.
Genauer beziffern lassen sich die Verlustreduktionen anhand konkreter Beispiele. So hat ED Netze im Frühjahr 2023 zwei Leistungstransformatoren im Umspannwerk Singen ersetzt. Über die vorgesehene Lebensdauer von 50 Jahren sparen sie jeweils 3,9 Millionen Kilowattstunden ein, die früher ungenutzt verloren gegangen wären. Dabei erfüllen die Trafos die seit Juli 2021 geltende zweite Stufe EU-Öko-Designrichtlinie für Transformatoren, die eine verbesserte Energieeffizienz und eine Reduktion von CO2-Emissionen zum Ziel hat.
Das Klima weiter im Blick
Als klimaneutrales Unternehmen reduziert ED Netze konsequent Emissionen. Der Austausch alter Transformatoren gegen effizientere Modelle ist eine Möglichkeit, Umspannwerke umweltschonender zu gestalten. Eine andere ist der Umstieg auf umweltverträgliche Isoliergase in gekapselten Schaltanlagen. In der Regel sind die elektrischen Leiter in den Metallhüllen mit technischen Gasen wie Schwefelhexafluorid (SF6) isoliert. In Löffingen betreibt die ED Netze GmbH eine Anlage, in der „getrocknete Luft“ (bestehend aus Stickstoff und Sauerstoff) als Isoliermedium zum Einsatz kommt – in Deutschland ein Projekt mit Modellcharakter.
Kontinuierliche Investitionen in die Stromversorgung
Den ersten Austausch dieser Art hat der ED Netze bereits 2011 in Donaueschingen vorgenommen. Seitdem wurden zwölf weitere Umspannwerke umgerüstet, allein für 2024 sind Neubauten und Erneuerungen an fünf Standorten geplant. Bis 2026 investiert der Netzbetreiber insgesamt rund 50 Millionen Euro pro Jahr in die Stromversorgung der Region. Nochmal das Beispiel Singen: An diesem Standort schlug die Umrüstung mit rund 1,8 Millionen Euro zu Buche.
Wer einen solchen Hochleistungstransformator schon mal aus sicherer Entfernung gesehen hat, der ahnt: Transformatoren dieser Größenordnung lassen sich nicht wie Ersatzteile im Elektronikfachhandel ordern. Schon gar nicht in Zeiten angespannter Lieferketten. Frühzeitige Bestellung und Planung sind Pflicht. Die Auslieferung der bis zu 80 Tonnen schweren Module erfolgt per Schwertransport, gefertigt wurden die jüngsten Neuzugänge in Slowenien, Italien sowie im bayrischen Regensburg.
Austausch von Transformatoren erfolgt im laufenden Betrieb
Trotz der gewaltigen Ausmaße: Die eigentliche Installation dieser Schwergewichte bedeutet Millimeterarbeit, schließlich werden sie auf engstem Raum ein- und ausgebaut. Beim Stellen wird der Netzbetreiber von einer Spezialfirma unterstützt. Den Anschluss und die Inbetriebnahme leisten die Experten von ED Netze in Eigenregie. Daneben müssen die ausdienten Trafos abtransportiert und fachgerecht entsorgt werden, wofür wiederum Spezialisten beauftragt werden.
Längst haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von ED Netze eine Routine im Umgang mit diesen Giganten entwickelt, und doch birgt jeder Austausch technische Herausforderungen. Davon ab ist ein Trafo-Tausch ein spannendes Spektakel, das es nicht alle Tage zu sehen gibt, sowohl für „Insider“ als auch für Außenstehende.
Dabei sollen die Allgemeinheit und vor allem Netzkunden von den Arbeiten nichts mitbekommen – denn das hieße womöglich, der Strom fiele zwischendurch aus. Doch genau das passiert nicht, dafür wird Sorge getragen. Zwar erfolgt der Umbau der Anlage im laufenden Betrieb. Um die Stromversorgung auf der Ebene der Mittelspannung währenddessen zu sichern, werden jedoch redundante – sprich: parallel vorhandene – Transformatoren und Anlagen eingesetzt.
Für einen Eindruck von der „Schwerstarbeit“ – ED Netze hat den Trafo-Tausch in den Umspannwerken in Schönau und Wehr mit der Filmkamera festgehalten:
Schwergewichte unterwegs – Neue Transformatoren für die Umspannwerke Wehr und Schönau – YouTube
Über den Autor: Patrick Torma
Als freier Journalist und Texter spürt Patrick Torma spannenden Geschichten nach – und bringt sie für Leser auf den Punkt. Zu seinen Auftraggebern zählen Medien und Redaktionsbüros, aber auch Unternehmen, die ihrer Zielgruppe einen Mehrwert bieten. Technische und historische Themen begeistern ihn besonders. Da trifft es sich gut, dass die (Strom-)Netzgeschichten im ED-Netze-Blog beides vereinen.
Mein Mann arbeitet auch bei einem Energieträger. Er hat viel mit Hochspannungstransformatoren zu tun. Interessant, dass die Module bis zu 80 Tonnen schwer sein kann.
Ja, kaum zu glauben, wie schwer Trafos sein können!
Der Einsatz von Transporter-Aufbauten hat meine Logistik-Spielweise verändert! Als ich begann, maßgeschneiderte Aufbauten zu nutzen, eröffnete sich eine Welt der Effizienz und Anpassungsfähigkeit. Von schlauen Regalsystemen bis hin zu spezialisierten Ladeeinrichtungen.