Die Netzbetriebsmonteure der ED Netze GmbH arbeiten nicht nur am Boden, sie erobern längst auch die Lüfte: Mit einem 1,2-Tonnen-Helikopter und immer öfter filigranen Multikoptern prüfen sie Masten und Leitungen – denn die Leitungskontrolle des Stromnetzes ist wichtig für ein stabiles Fernübertragungsnetz. Sie passiert daher nicht nur nach „stürmischen“ Tagen, sondern regelmäßig und vorausschauend. Denn ein gut gewartetes Leitungsnetz sichert nachhaltig die Energieversorgung.
von Marvin Freiter, Aktualisierung: Redaktion
Alles startklar: Blätter und Staub fliegen durch die Luft, als die Rotoren den Hubschrauber in die Luft schrauben. Der Helikopter hebt vom Betriebsgelände der ED Netze GmbH in Rheinfelden zur Leitungskontrolle ab. Mit an Bord: die beiden Netzbetriebsmonteure Andreas Sinz und Gerd Gümpel. Die nächsten Stunden werden sie mit dem Hubschrauber im Tiefflug in einem Abstand von nur rund fünf bis zehn Metern an den 110-Kilovolt-Freileitungen entlang fliegen und diese überprüfen. Bei einem gemächlichen Tempo von nur etwa 15 Stundenkilometern haben die Netzexperten dazu genügend Zeit. Bevor sie mit dem Hubschrauber starten durften, holte ihr Teamleiter gemeinsam mit der Fluggesellschaft Helix die nötigen Genehmigungen ein und informierte die zuständigen Behörden sowie die Lokalmedien. Auch letzteres ist wichtig, denn der Einsatz mit niedrigen Flughöhen und nahe den Strom-Trassen ist für Außenstehende erklärungsbedürftig.
Sicherheitscheck für die Stromautobahn
Die Kontrolle aus der Luft macht jedoch vieles leichter und hat einen Grund: Vereinfacht gesagt, verbindet das Stromnetz einen Erzeuger (zum Beispiel ein Wasserkraftwerk) mit einem Verbraucher (etwa ein Verwaltungsgebäude). Der Weg von der Erzeugung zum Verbrauch ist teilweise sehr weit und führt den Strom über Freileitungen und Kabel unterschiedlicher Art. Alle Leitungen über 1.000 Volt nennt man Hochspannungsleitungen. „Durch die hohe Spannung transportieren wir den Strom über große Distanzen relativ verlustarm“, erklärt Andreas Sinz. Und sein Kollege Gerd Gümpel fügt hinzu: „Solche Leitungen sind wie eine Art Autobahn für den Strom und ihr Ausfall hätte gravierende Folgen für größere Gebiete.“
Schwindelfrei trifft volle Konzentration
Andreas Sinz und Gerd Gümpel müssen für den Einsatz an Bord des Helikopters schwindelfrei und ständig konzentriert sein. Denn die Blicke der beiden Experten fokussieren stundenlang die Leiterseile, Masten und den Bewuchs entlang dieser. „Viele Schäden und Gefahrenquellen gibt es nicht zu dokumentieren, allerdings ist es wichtig, jede einzelne zu erkennen und zu bannen“, erklärt Andreas Sinz und führt weiter aus: „Um die Versorgungssicherheit gewährleisten zu können, müssen wir jeden Defekt schnellstmöglich aufspüren. Deshalb betreiben wir einen solchen Aufwand.“
Bei der letzten regulären Kontrolle fanden die Netzbetriebsmonteure einige wenige durch Blitzschlag beschädigte Isolatoren, die der Netzbetreiber dann austauschte.
Von Angelhaken und Storchennestern
Sämtliche Beschädigungen und Gefahren protokollieren die beiden, gewichten sie nach Priorität und entsprechend schnell beseitigt der Netzbetreiber sie.
Freileitungen verlaufen nämlich kreuz und quer durch das Land und sind damit verschiedenen Umwelt-Einflüssen ausgesetzt. Wie schon erwähnt kann etwa ein Blitzeinschlag in einen Mast den Isolator zerstören, auch kann ein Storchennest oder eine Baumkrone Leitungen berühren und zu Komplikationen führen, wird die Gefahr nicht früh genug erkannt und gebannt. Andreas Sinz weiß: „Auch Menschen beschädigen Freileitungen manchmal ungewollt.“ Gerd Gümpel ergänzt: „Manchmal rammen Fahrzeuge die Masten oder Flugdrachen verheddern sich in den Leiterseilen. Wir haben sogar schon Angelschnüre gefunden – es gibt so manche Kuriosität.“
Dreifach hält besser
Im Netzgebiet der ED Netze gibt es 530 Kilometer 110-Kilovolt-Freileitungen. „Im Zweijahresrhythmus führen wir die Leitungsprüfung per Heli durch“, sagt Gerd Gümpel: „Zusätzlich kontrollieren wir die ganze Strecke jährlich vom Boden aus.“ Mit dem Auto oder zu Fuß suchen dann bis zu 20 Experten mittels Ferngläsern nach Auffälligkeiten. Diese Kontrolle dauert einige Tage und ist beschwerlich – besonders die Leiterseile und Isolatoren der 30 bis 90 Meter hohen Masten sind schwer zu kontrollieren.
„Mit dem Helikopter profitieren wir von der Vogelperspektive sowie geringeren Entfernung zu den Masten und offenbaren so vorher ungesehene Schäden“, erläutert Andreas Sinz. „Dafür brauchen wir dann auch kein Fernglas mehr. Die Fundamente erkennt man natürlich vom Boden aus besser – beide Verfahren ergänzen sich“, wirft Gerd Gümpel ein.
Sind sich die beiden Mitarbeiter trotz Fotoaufnahmen bei einer Stelle unklar, ob es sich um eine Beschädigung handelt – zum Beispiel bei einem verfärbten Isolator – beginnt der Einsatz für Felix Müller. Der 24-Jährige ist einer der acht ausgebildeten Multikopter-Steuerer des Netzbetreibers. Mit dem kleinen Fluggerät fliegt er die fragliche Stelle ergänzend gezielt an: Die integrierte 4K-Kamera verfügt über einen 2-fachen, optischen Zoom und erkennt aus einem Abstand von drei Metern jede Kleinigkeit.
Abheben will gelernt sein
Doch wie beim Start des Helikopters ist auch bei einem Multikopter-Einsatz gute Vorbereitung alles. Neben dem eigentlichen Fliegen lernte Felix Müller daher in Schulungen viel über die Regeln des Luftfahrtverkehrs. Er erklärt: „Jedes Mal, bevor ich mit der Drohne abheben darf, muss ich viele Rahmenbedingungen prüfen.“
ED Netze besitzt eine Allgemeinverfügung, die den Multikopter-Steuerern mehr Möglichkeiten einräumt, allerdings greift die Verfügung nur für speziell angemeldete Einsätze. Die Vorlaufzeit der Anmeldung beträgt etwa vier bis sechs Wochen. Jeder Steuerer muss überprüfen, welche speziellen Regeln im Einsatzgebiet zu beachten sind. Fliegt Felix Müller zum Beispiel in der Nähe eines Flugplatzes, hat er sich die Fluggenehmigung dafür bereits Tage vorher eingeholt. „Das Fliegen mit einer Drohne ist ein sensibles Thema. Deshalb ist es uns besonders wichtig, alle Vorgaben genauestens zu beachten, um weder Mensch noch Natur in Gefahr zu bringen oder zu stören“, betont Felix Müller.
Neuer Drohnenführerschein
Seit dem 1. Januar 2021 benötigen Drohnenbetreiber und deren Multikopter-Steuerer laut den EU-Drohnengesetzen für die meisten Anwendungsgebiete einen neuen Kompetenznachweis. Die kleinen und sehr wendigen unbemannten Fluggeräte und ihre Einsatzgebiete werden nun in drei unterschiedliche Betriebskategorien klassifiziert: offen, speziell und zulassungspflichtig. Dabei kommt es hauptsächlich darauf an, wie schwer die Drohne ist oder wie nah man sich unbeteiligten Personen und Objekten annähern möchte. Oder ob man die Drohne eventuell auch ohne direkte Sichtverbindung fliegen lassen muss.
Die Steuerer der „fliegenden Augen“ der ED Netze besitzen bereits die Führerscheine aller Unterkategorien der „offenen“ Kategorie – obwohl die bisherigen (sprich: alten nationalen) Drohnenführerscheine übergangsweise noch bis Ende 2021 gültig gewesen wären. Hierzu ließen sie sich erneut schulen und absolvierten mehrere theoretische und praktische Prüfungen. Sie verfügen damit schon jetzt über die entsprechenden neuen EU-Kompetenznachweise.
Neu ist auch eine Registrierungspflicht, der die Drohnenbetreiber nachkommen müssen. ED Netze hat alle seine eingesetzten Multikopter bereits registriert. So können Außenstehende und Unbeteiligte sie als Teil der ED Netze identifizieren. Die Transparenz wird damit weiter erhöht.
Momentan überprüft ED Netze die Möglichkeit der autonomen Leitungsbefliegung. Über etwaige Testflüge und Erfahrungen berichten wir dann hier.
Alle Rahmenbedingungen sind erfüllt und Felix Müller geht seine Checkliste durch, bevor er den Startplatz des Multikopters einrichtet. Dann endlich lässt er mittels Fernbedienung und Tablet die Drohne in die Lüfte emporsteigen. Gezielt navigiert er sie bis zu 1,5 Meter nah an die zu überprüfende Stelle. Bereits nach wenigen Minuten hat der Betriebselektriker die Aufnahmen im Kasten. Dank Abstandssensor und Erfahrung landet der Multikopter zuletzt punktgenau wieder in der gekennzeichneten Zone, aus der sie gestartet war. Am Ende der Kontrolle und nach dem Eintrag ins Logbuch werden die so erstellten Aufnahmen im Büro am PC ausgewertet. Hier erkennen die Netzbetriebsmonteure, ob und was für ein Defekt vorliegt.
„Unser Stromnetz ist sehr sicher“, weiß Felix Müller. Denn durch die Leitungskontrolle vom Boden und mit dem Helikopter decken die Kollegen die wenigen Schäden und Gefahren auf. Gibt es wirklich noch eine Ungewissheit, räumt die Drohne jeden Zweifel aus.
Leitungskontrolle aus der Vogelperspektive
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Über den Autor: Marvin Freiter
Marvin Freiter arbeitet in der Unternehmenskommunikation. Dort spielt er unterschiedlichste Themen vorwiegend über digitale Kanäle.
„Die große Themenvielfalt des Unternehmens für die verschiedenen Kanäle entsprechend aufzubereiten, macht mir großen Spaß. Ein besondere Motivation ist dabei die Unternehmensvision, da mir auch privat ein nachhaltiger Umgang mit unserer Umwelt sehr wichtig ist.“
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